Der doppelte Schertz

■ Polizeipräsident Schertz vermengte offenbar seine Amtsfunktion mit seiner Rolle als privater Vermieter

Ein „sehr eigennütziges Verständnis von Recht“ hat jetzt die Berliner Mietergemeinschaft dem Polizeipräsidenten Schertz vorgeworfen. Die Mieterorganisation macht einen etwa anderthalb Jahre alten Vorfall publik, der Schertz im Zusammenspiel mit seiner Ehefrau in einer zweifelhaften Doppelrolle als privater Vermieter bzw. Hauseigentümer und als Amtsträger zeigt. Danach erhielt am 3. November 1987 die Justizangestellte Sabine K. laut Protokoll ihres Anwalts einen ganz und gar absonderlichen Anruf an ihrer Arbeitsstelle. Eine Dame stellte sich ihr an diesem Tag höchst offiziell als Sekretärin des Polizeipräsidenten vor und fragte, weshalb sie sich noch nicht polizeilich umgemeldet habe. Das Interesse der staatlichen Stelle war offensichtlich privater Natur: Es ging um eine Wohnung in dem Weddinger Haus Müllerstraße 113a, das Schertz als Mitglied einer Erbengemeinschaft zum Teil gehört und das seine Ehefrau verwaltet. Konkret bahnte sich ein Rechtsstreit um die Übernahme einer Renovierung an. Letztere sollte die Justizangestellte vollständig vor einem geplanten Auszug übernehmen, bzw. auf ihre Kosten ausführen lassen. Die Mieterin habe im Mietvertrag bestätigt, die Wohnung ordnungsgemäß übernommen zu haben, und nun „verwahrlost“ hinterlassen, schrieb ihr Frau Schertz. Schriftliche Replik des Anwalts der Mieterin an Frau Schertz: „Sie werden sich sicherlich noch erinnern, daß die Wohnung bei der Übergabe in einem so heruntergekommenen Zustand war, daß Sie bzw. Ihr Ehemann seinerzeit sogar Skrupel hatten, diese Wohnung in dem damaligen Zustand zu übergeben.“ Die die Anerkennung des „ordnungsgemäßen“ Zustandes der Wohnung betreffende Klausel im Mietvertrag widerspreche eindeutig dem Altbau -Mietpreisrecht. Das müsse dem Ehemann als ehemaligem Vizepräsidenten eines Amtsgerichts auch bekannt gewesen sein. Mit dem Anruf seiner Sekretärin habe Schertz zudem seine Funktion als privater Vermieter mit seiner öffentlichen Funktion „verwechselt“ und diese zur Verfolgung privater Ziele eingesetzt. Seine Mandantin behalte sich deshalb eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Der Sprecher der Mietergemeinschaft Gerhard Heß: „Dieses Schreiben wirkte Wunder. Herr und Frau Schertz zogen es vor, an die Mieterin lieber keine Forderungen mehr zu stellen - eine Dienstaufsichtsbeschwerde und das damit womöglich geweckte öffentliche Interesse für seine Nebentätigkeiten während der Dienstzeit wären dem Polizeipräsidenten sicherlich nicht sehr angenehm gewesen...“

thok