„Eigentlich müßte Bonn um Ministererlaubnis bitten“

■ Bilanz-Pressekonferenz: Daimlers Pkw-Ertrag gesunken / „Daimler geht seinen Weg“

Stuttgart (taz/dpa) - Als großes Gemälde bezeichnete Edzard Reuter, Vorsitzender der Daimler-Benz AG, den Rückblick auf die Geschäfte des vergangenen Jahres. Auf der gestrigen Bilanz-Pressekonferenz hatte er jedoch kein apokalyptisches Bild vor Augen, vielmehr verfüge der Konzern über eine Ertrags- und Finanzkraft, die ihresgleichen suche.

Mit einem Jahresüberschuß in Höhe von 1,7 Milliarden Mark kann sich der Konzern in der Tat sehen lassen. Doch das Ergebnis der beiden Vorjahre wurde damit nicht mehr erreicht. Die Einbrüche auf dem Pkw-Markt machen sich auch im ersten Quartal 1989 bemerkbar. Allein innerhalb der Bundesrepublik ging der Absatz um 14 Prozent zurück, der Export in die USA um 11 Prozent. Edzard Reuter, der vor allem mit dem Gedanken an einen Luft-, Rüstungs- und Raumfahrtkonzern liebäugelt, führte diese Absatzeinbußen vor allem auf den rückläufigen Trend beim Diesel zurück.

Lag früher der Anteil der Dieselfahrzeuge aus dem Hause Mercedes-Benz an den gesamten Zulassungszahlen noch bei 40 Prozent, so sackte er letztlich auf nurmehr 20 Prozent ab. Der Vorwurf an die maßgeblich vom Bundesumweltamt eingeschlagene Politik kam denn auch prompt. Unverantwortliches Verhalten würde dort an den Tag gelegt, der Dieselmotor würde geradezu diskriminiert. Und das, obwohl sich die Stuttgarter Manager damit brüsten, bei ihren Motoren sogar die strengen Grenzwerte der USA einhalten zu können. „Wir setzen auf den Dieselmotor“, meinte Edzard Reuter unbeirrt ob der Anfeindungen. Dementsprechend wird noch einmal kräftig in Forschung und Entwicklung investiert. „Letztendlich soll“, so Reuter, „der Diesel auch die Smog -Plakette bekommen.“ Mit diesem Freischein dürfen die Mercedes-Fahrer auch dann ihr Auto in Stuttgart bewegen, wenn für alle anderen, die keinen schadstoffarmen Wagen fahren, Garagenruhe angeordnet ist.

Weitaus größeres Anliegen war den Managern aber die Erlaubnis des Wirtschaftsministeriums, mit dem Münchner Rüstungskonzern Messerschmitt Bölkow Blohm (MBB) endlich fusionieren zu dürfen. Das Bundeskartellamt hatte diese Pläne am 21.April dieses Jahres durchkreuzt mit der Begründung, die dadurch entstehende Marktmacht sei dann nicht mehr zu kontrollieren. Die Luft- und Raumfahrt und die „damit untrennbar verbundene Verteidigungstechnik“, so Reuter, solle „die dritte Säule“ des Konzerns werden. Ob diese eine tragende wird, mit deren Hilfe das Pkw-Geschäft mitgeschleppt werden kann, sei dahingestellt. Jedenfalls wäre der Daimler-Benz-Konzern damit Marktführer und - obwohl von ihm selbst heftig bestritten - mit einem Marktanteil bei Rüstungsprojekten in Höhe von 50 Prozent Marktbeherrscher auf dem Gebiet. Denn die Nachfrage des Verteidigungsministeriums bei ausländischen Anbietern verböte sich allein schon aus politischen Gründen.

Die Konzernherren jedoch stehen auf dem Standpunkt, durch die Fusion könne der Wettbewerb sowohl innerhalb der Bundesrepublik als auch in Europa angekurbelt werden. Berufen als Systemführer fühlen sie sich, die deutsche Volkswirtschaft solle daran genesen. „Wäre es formal zulässig, müßte eigentlich die Bundesregierung selbst beim Bundeswirtschaftsminister um eine entsprechende Erlaubnis einkommen“, meinte Edzard Reuter unter Hinweis darauf, daß die Initiative für den Zusammenschluß von Bonn ausgegangen sei, und erntete ein Raunen im Saal. Im übrigen möge ein jeder, der in diesem Zusammenhang Verantwortung trage, auch bedenken, „welche Konsequenzen eine negative Entscheidung für das Haus MBB haben könnte“. Dies gelte um so mehr, als manche, die erst jetzt ihre Bedenken entdeckten, sich schon seit mindestens eineinhalb Jahren darüber völlig klar sein mußten, daß zum Schluß eine in der Tat schwierige ordnungspolitische Entscheidung zu treffen sein würde. Unmißverständlich fügte der Daimler-Chef hinzu: „Unsere eigene Geduld wird deswegen spätestens dann ein Ende finden, wenn es die derzeitig so lauten öffentlichen Bedenkenträger, aus welchen Motiven auch immer, tatsächlich erreichen sollten, die Gefahr einer massiven Schädigung der beteiligten Unternehmen herbeizureden.“

Was aber, wenn nun die Ministererlaubnis nicht kommt? „Sei es wie es sei, Daimler-Benz geht seinen Weg“, schloß Reuter die Ausführungen zum Fusionsplan ab. Man wird sich zu helfen wissen in der Führungsetage. Denkbar seien auch internationale Partnerschaften mit europäischen Ländern. Voraussetzung dafür wäre allenfalls, daß diese nur mit Unternehmen eingegangen werde, die privatwirtschaftlich geführt seien. Konkrete Pläne bezüglich eines Firmenstandortes außerhalb der Bundesrepublik gäbe es noch nicht. Doch am Beispiel Airbus sei am besten zu belegen, daß man mit einer betriebswirtschaftlich tragfähigen Kostenstruktur arbeiten müsse. Und für die Projekte, die unter der neuen Holding bei Aerospace abgewickelt werden sollen, könne man dies wohl auch nicht ausschließen.

Barbara Czimmer