Menschengeschichten schwarz auf bunt

■ Seit Montag gibt es im 'Rotkäppchen‘ Kommunikation: farbige Collagen-Serien mit Menschenfiguren von Sabine Anger

Sie stecken die Köpfe zusammen, sie stehen rum, drängen sich vor, sie drehen sich den Rücken zu, kümmern sich einen Dreck um die andern. Sie sind unzertrennlich und verloren, arrogant und einsam. Dabei sind sie gerade nur so - oder halb so - groß wie Ihre Hand: Menschenfiguren aus einem einzigen, höchstens zwei sattbreiten Skriptol -Pinselstrichen, Umriß, Außenlinie, kastenförmig mit Kopf, aber meist ganz

ohne Gesicht, manchmal wie Männer in eckigen Hochzeitsanzügen oder schmaloval wie Frauen im engen Rock. Nicht gerade springlustig, eher ein bißchen ernster, wortlos. Eine seltsam stillgestellte Bewegung, wie eine plötzliche Momentaufnahme. Ganz anrührend haben manche ein Herz: ein viereckig abgerissenes Papierstückchen, pink, beige oder knallrot.

Unter den Figuren, in ihren Köpfen und Bäuchen lebt die bunte Fläche, zusammengestellt aus gerissenen und geschnittenen Papieren, Zeitungsfetzen, einzelnen Wörtern. „Kommunikation“ ist da zusamenzusetzen, oder SONY. Leuchtende, farbige Flächen sind gegeneinander, übereinander geklebt, oft durch eine weiße Fläche dazwischen in Spannung gebracht. Die nachträglich aufgebrachten Figuren umschließen die Farbfetzen nie ganz, werden von ihnen zerrissen, geöffnet auch, manchmal belebt. Ganze Geschichten lassen sich da ausmalen: Wie sich einige gegenseitig pink die Köpfe erleuchten oder mit lilagrünen Quadraten interessant machen wollen vor Wasserfällen aus Noten, wie eine Frau sich fast den Kopf einschlägt an der schwarzen Wand, nur mit einem brombeerfarbenen Fleck neben sich wie als Accessoire ausgestattet.

Sabine Angers Collagen, meist Serien von zwei, drei oder vier Bildern, die farblich und als 'Geschichte‘ zusammenhängen, seit Montag im Restaurant-Cafe „Rotkäppchen“ ausgestellt, machen gute Laune. Sie selbst macht am Montag auch gute Laune. „Ich freu‘ mich auf die nächsten Sachen!“ strahlt sie ein paar Stunden vor der Collagen -Vernissage. Das eben Fertiggestellte ist ihr im Grunde schon wieder uralt. Vor den Collagen gab es andere Se

rien: großformatige Acrylbilder zum Beispiel in zinnober und gelb, üppige Aquarell- und Gouache-Bilder, Aktzeichnungen in Kohle. Schnellentschlossen produziert sie, ungeduldig, flüssig, mit raschem Strich: „Entweder es sitzt, oder es war nichts.“

Sabine Anger, 33 Jahre, hat sich Kunst und Malen weder von der kaufmännischen Ausbildung noch von ihrem Job als Sekretärin bei den Grünen austreiben lassen: „Das kommt von der Waldorf-Schule, von früher, von dem Kindergarten da. Da gab es kein 'falsch gemacht‘. Da hab ich gelernt, mutig ranzugehen.“

Seit Jahren macht sie nun schon Kulturarbeit, gab Aquarell -Kurse, und seit einem Jahr arbeitet sie in Ateliergemeinschaft mit vier Bremer MalerInnen. „Collagen“ ist ihre dritte Ausstellung. „Was Leichtes, Fröhliches“, findet sie selbst. Es gibt Bilder, in jeder Serie ein paar, die kauft ihr niemand ab: Weil sie sich nicht von ihnen trennen will. Einige Monate später - vielleicht.

Susanne Paas

Noch bis Ende Juni im Rotkäppchen, Am Dobben