Sand statt Getriebe

■ Heiligenseer Sandberge werden eingezäunt / Inoffizielle Einigung zwischen Senat und Franzosen: Motocrosser müssen draußen bleiben, Panzer sind weiterhin erlaubt

Das Areal ist ein Relikt aus dem Holozän, der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren. Deshalb sind die Heiligenseer Sandberge für Hermann Seiberth von der Senatsumweltverwaltung besonders wertvoll. Auf den bis zu 30m hohen Dünen wachsen Tundra- und Steppengräser, die Biologen normalerweise erst einige tausend Kilometer weiter östlich vermuten: das Federgras, die Küchenschelle oder das grünblütige Leinkraut. Doch das Summen der Schmetterlinge, Wildbienen und Sandwespen geht häufig im Motorengedröhn französischer Kettenpanzer und deutscher Motocrossräder unter. Jetzt wollen die Franzosen zusammen mit der Senatsumweltverwaltung die Motocrosser und Geländewagen aussperren. Die Panzer dürfen dagegen - eingeschränkt bleiben.

Bereits im letzten Jahr hatten die Franzosen auf Wunsch des Tegeler Bezirks die Motocross-Rennen unterbunden, die der ADAC alljährlich zwischen den Dünen gestartet hatte. Jetzt, so Staatssekretär Groth von der Umweltverwaltung, soll ein Zaun um das 39 Hektar große Gelände gezogen werden. Nach dieser noch inoffiziellen Einigung mit den Militärs behalten diese Zutritt zu den Dünen. In der Umweltverwaltung hofft man jedoch, daß wenigstens das westliche Drittel künftig „de facto quasi“ von Manövern verschont bleibt. Die östliche Hälfte, etwa 24 Hektar, wird dagegen für Militärübungen reserviert; auch Fußgänger bleiben hier außen vor. Einzelne besonders schützenswerte Pflanzengesellschaften sollen aber, so Seiberth, eigens „abgeschrankt“ werden.

Die noch nicht unterzeichnete Vereinbarung wäre der erste Erfolg in puncto Manöverschäden, den die neue Umweltsenatorin Michaele Schreyer für sich verbuchen kann. Seit ihrem Senatsbesuch in Washington hat Staatssekretär Groth auch Fortschritte in den Gesprächen mit der US-Armee festgestellt, die das Landesforstamt bereits seit Mitte Februar führt und damals von den Amerikanern initiiert worden. Truppenübungen Anfang des Monats hatten den Grunewald derart malträtiert, daß ein empörtes Presseecho in den Übungswald zurückschallte. Die Senatsförster hatten der Army daraufhin eine Karte übergeben, die schützenswerte Bereiche verzeichnete sowie Verhaltensmaßregeln vorschlug.

Vor gut einer Woche hat die US-Armee die Karte zurück geschickt - für Groth ein Ergebnis des Washington-Besuchs der Senatsvertreter. Im Landesforstamt beklagt man jedoch „starke Abstriche“, die die Militärs gefordert hätten. Weder wollten sie die Panzer so weitgehend aus dem Grunewald zurückziehen, wie vom Forstamt gewünscht, noch sind sie bereit, die Grabungen im Grunewald auf ein Minimum einzuschränken. Diese beiden „grundsätzlichen Probleme“ sieht auch Staatssekretär Groth, hofft aber auf die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe, die die Umweltverwaltung gemeinsam mit der US-Militärregierung einrichten will.

hmt