MAHNMALER

■ Nikki Sudden and the French Revolution im Loft

Schwarz. Ich wollte Schwarz. Große, schwarze Denkmäler, gehauen in Granit, trotzend den Revolutionen gedenkend. Ein Denkmal für die nicht stattgefundenen Revolutionen, ein Denkmal für die Französische Revolution, ein Denkmal für Nikki Sudden. Schwarz. 200 Jahre Französische Revolution, 200 Jahre Nikki Sudden.

Ich wollte schlechte Laune: Einen Doppelten schlechte Laune bitte, aber on the rocks. Ein Denkmal für die schlechte Laune, schwarz, in Granit gehauen. Ich bestellte, der Kellner nickte, den hellbraunen Blazer zurechtzupfend, den Oberkörper leicht nach vorn gebeugt: „The next song is called Groove, it's the title track of our new LP.“ Rattatattazong. Nöö, so nicht, ich hatte schlechte Laune bestellt, keinen Cocktail. Was war geschehen? Oder besser: War was geschehen? Soweit ich weiß, ist in den letzten 200 Jahren nichts geschehen. Es gab in den letzten 200 Jahren jedes Jahr eine Nikki-Sudden-LP, ein Nikki-Sudden -Konzert, einen Nikki-Sudden-Drink, schwarz, on the rocks. Aber das hier, das war ja schon fast bunt zu nennen. Und überhaupt: Wer hatte das Licht angemacht. Ich sagte SCHWARZ, macht also bitte das Licht aus, und hört auf, euch zu bewegen. Der Mann da vorn, nein, das war nicht mein Kellner, das war nicht Nikki Sudden. Metall. Kleine Bewegungen, große Riffs. Zu schnell, viel zu schnell, im letzten Jahr, da war das noch anders, sturzbetrunken auf dem Turbine-Barhocker Geschichten erzählend, Gerundium mißbrauchend, so unendlich laaangsaaam. Ich schlief bis in den Spätherbst. Das da vorn, das war nicht Nikki Sudden, das war Speed-Acid: DJ Robert Johnson feat. Neil Young, Supervisor Bob 61 Dylan, London Remix, 1979. Cut Up Riffs by Keith Richards. Also doch Nikki Sudden! Reingelegt. Man mußte nur die Position ändern: Oberkörper leicht nach hinten, Beine breitbeinig ausgebeint, lederjackenlastig die große revolutionäre Faust in den tiefschwarzen Himmel jagend. Den Rocker in uns allen raushängen lassen. Jawoll! „My father was a sailor...“ Warum auch nicht? Glasgow unter dem Winde. Unter ergrautem Südstaatenhimmel vorbei an den weißen Städten, Blockhütten, davor tiefschwarze Neger. Jajaja, wenn sechs neun wäre. Ich erkenne ihn wieder, meinen Kellner, den Southern Man von Nikki Young, und auch Cortez the Killer grüßt mich, hi, man. Neil Sudden and the French Richards. Und dann endlich: Er zieht dieses schrecklichfarbene Jackett aus. Gut gemacht, Junge! Und jetzt noch eine Nummer von den Swell Maps, London 79. Revolution? Revolution is just another cocktail. Nehmen Sie sich doch bitte einen Strohhalm. Ja, wir haben auch SCHWARZE.

Thomas Langhoff