Dem „Schönen und Guten“ verpflichtet

Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank setzten die kritischen Aktionäre die Akzente  ■  Aus Frankfurt K.-P. Klingelschmitt

Vollgestopft wie ein Frankfurter Würstchen präsentierte sich gestern der große Saal der Alten Oper in der Mainmetropole dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank (DB). Fast 3.000 Groß- und Kleinaktionäre waren mehrheitlich zur Jahreshauptversammlung der DB gekommen, um ein „Kreditistitut“ zu feiern, das im abgelaufenen Geschäftsjahr seine Marktposition als größte europäische Bank und als eine der führenden Bankhäuser in der Welt noch ausbauen konnte.

Als „ganz hervorragend“ bezeichnete denn auch ein Sprecher der „Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre“ den Jahresabschluß 1988, der Vorstand und Aufsichtsrat erlaubt, den rund 310.000 Anteilseignern der DB eine Dividende von zwölf Mark pro 50-Mark-Aktie (Nennwert) auszuschütten. Und Vorstandssprecher Alfred Herrhausen machte den Aktionären in seiner Eröffnungsrede bereits den Mund wäßrig: Im laufenden Geschäftsjahr liege nämlich das Teilbetriebsergebnis (1. Quartel) bereits 18 Prozent über dem des Vorjahres - was im nächsten Jahr die Auszahlung einer noch höheren Dividende ermögliche. Die Kritik der Aktionärssprecher an der Geschäftspolitik der DB blieb - angesichts dieser Prognosen

-moderat.

Die „Schutzgemeinschaft Deutscher Wertpapierbesitzer“ lobte die neue „Konzerneinheit“ zwischen den Konzernbereichen Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, die im abgelaufenen Geschäftsjahr dafür gesorgt habe, daß die DB in der veröffentlichten Meinung durchweg „positiv bewertet“ worden sei. Daß es zu diesem „positiven Image“ des Konzerns schlecht passe, wenn das Fernsehen von der Berichterstattung über diese Hauptversammlung per Vorstandsbeschluß ausgeschlossen werde, monierte im Anschluß Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) als kritischer Aktionär. Das Auditorium zollte Bernhard Beifall, doch der Vorstand bleib bei seinem Ausgrenzungsbeschluß, „damit es hier am Mikrophon nicht zu Polemiken und Selbstdarstellungsversuchen kommt“.

In seiner Rede ging Bernhard ausführlich auf die Beteiligung der DB an der Atomindustrie - über einen 25 -Prozent-Anteil an der SCN/Luxembourgeoise de Centrales Nukleaires SA - ein: Mit dieser Beteiligung habe sich die DB „trotz Tschernobyl“ an der Errichtung des AKWs Mühlheim -Kärlich beteiligt, der als „Skandalreaktor“ in die Geschichte der bundesdeutschen Atomindustrie eingegangen sei. Als Bernhard dananch die DB eindringlich vor einer Unterstützung der Fusion Daimler-Benz/MBB warnte, da über diese Fusion ein „marktbeherrschender Rüstungskonzern“ etabliert werde, war bei einem nicht unerheblichen Teil der anwesenden Aktionäre Betroffenheit zu konstatieren. Der schwer kriegsversehrte Bernhard wies ausdrücklich auf die „historische Schuld“ der DB bei der Finanzierung der Hitler -Wehrmacht im nationalsozialistischen Deutschland hin - „und die DB ist dabei, über ihre Beteiligung an Daimler-Benz den gleichen Fehler noch einmal zu machen“ (Bernhard). Für „Pax Christi“ appellierte im Anschluß Johanna Vinnemann an den Vorstand der DB, den bei der DB verschuldeten Ländern der Dritten Welt die Schulden zu streichen. Es schade weltweit dem Ruf der DB, wenn die Gewinne durch „Hungerlöhne und Schleuderpreise für Rohstoffe“ erwirtschaftet würden.

Für den Vorstand wies Herrhausen die Vorwürfe der kritischen Aktionäre zurück. Die Fusion zwischen MBB und Daimler-Benz (Herrhausen ist auch Aufsichtsratsvorsitzender von Daimer-Benz) sei nicht der Einstieg der DB in das Rüstungs- sondern in das „Verteidigungsgeschäft“. Die DB stehe zur Bundeswehr - „und wer zur Bundeswehr steht, der muß auch dazu stehen, daß diese Bundeswehr mit den notwendigen Waffen ausgestattet wird“. Im übrigen habe die Bundesregierung Daimler-Benz zur Fusion mit MBB gedrängt, „um das gesamte Luft- und Raumfahrtwesen in der Bundesrepublik ordnen zu können“. Im Zusammenhang mit der Kritik an der Südafrikapolitik der DB erklärte Herrhausen, daß Aufsichtsrat und Vorstand der DB „erklärte Gegener der Apartheid“ seien. Man habe sich auf eine „bescheidene Finanzierung“ beschränkt und die südafrikanischen Partner mit „unablässigen Ermahnungen überzogen.

Am Atomgeschäft sei die DB nur mittelbar beteiligt, denn der Bankkonzern habe der luxemburgischen SCN lediglich einen Kredit eingeräumt, der normal verzinst und vertilgt werde. Das Risko beim stillgelegten Reaktor Mühlheim-Kärlich habe alleine die RWE zu tragen. Und - „last not least“ - bei der Lösung der Schuldenprobleme der Dritten Welt arbeite die DB eng mit den Banken der anderen Kreditgeberländern und mit der Weltbank zusammen. Einer „einvernehmlichen Lösung“ werde man sich nicht entziehen. Herrhausen wies darauf hin, daß die DB über „großzügige Spenden“ - u.a. an den WWF - einen wesentlichen Beitrag z.B. zur Rettung der tropischen Regenwälder leiste. Herrhausen: „Gewiß gibt es viele Probleme, manches Elend und zahlreiche Widrigkeiten. Das verkennen wir nicht. Aber gibt es nicht auch viel Wahres, Schönes und Gutes - wie es über dem Eingang der alten Oper heißt?“ Im übrigen habe die DB ohnehin „die Welt im Blick“.