JARGON-KULTUR

■ Die Sondersitzung des Kulturausschusses zum „Desinteresse der zuständigen Senatorin an kulturpolitischen Fragen“

Nach der Entschuldigung für ihre Abwesenheit in der konstituierenden Kulturausschußsitzung am vergangenen Montag und der Erklärung der Gründe dafür, nämlich einer langfristigen Verabredung der Tagung des Goethe-Institutes in Italien mit der deutsch-italienischen Parlamentarierkommission und der nur kurzfristig erfolgten Ansetzung des Termins dieser Sitzung, konfrontierte sie der kulturpolitische Sprecher der CDU Uwe Lehmann- Brauns mit einer Suada von Beispielen der Beunruhigung in der „kulturellen Öffentlichkeit“.

Sie habe in verschiedenen Interviews gesagt, sie verstünde nichts davon, Geld zu besorgen; sie würde im Kollisionsfall Wohnungsbau der Kultur vorziehen; und sie habe nichts gesagt zur kulturpolitischen Umwelt in bezug auf das deutsch -deutsche Kulturabkommen und dazu, daß „die Kultur in der Sowjetunion befreit sei“. Sie habe Defizite im Umgang mit der „Nomenklatura„; die nun vier Intendanten für die staatlichen Schauspielbühnen bezeichne sie als „Altlasten“ und „Viererbande“, was wohl ihrem bayerischen Humor entspreche.

Joachim Günther (SPD) verwies auf das unangemessene Sammelsurium von Lehmann-Brauns, das nicht zum eigentlichen Thema führe, nämlich zu der dezentralen Kulturarbeit, weil man doch im Angesicht von Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot nicht so larmoyant postmodern weiterwursteln dürfe wie bisher.

Herr Landowski (CDU) wendete ein, die SPD solle nachlesen, was sie früher zur Kulturpolitik gesagt habe. Er behauptete, das Ende von Kultur sei dann gekommen, wenn sie populistisch werde, und nannte Sabine Weißler, kulturpolitische Sprecherin der AL „einen Kulturschreck“ wegen ihrer Darlegung der finanziellen Sündenfälle des vergangenen Senats „Mythos Berlin“, „The Forest“ und die „Freie Volksbühne“.

Die Kultursenatorin ließ das kalt. Ihr Staatssekretär Hans Kirchner sei in der Verwaltung groß geworden und mit der Finanzierbarmachung vertraut, die Alternative zwischen Kultur und Wohnungsbau stelle sich so nicht. Man müsse sich aber überlegen, für wen man Kultur mache, für die Berliner oder die Touristen. Zwar sei die Attraktivität Berlins für Künstler wichtiger, mindestens genauso wichtig sei aber die Teilnahme der Berliner an der Kultur. Herr Hassemer habe nicht gut gearbeitet bei der Anstellung der drei Intendanten und der einen Intendantin, und im übrigen müßten die Journalisten und Journalistinnen der neuen Intendanz helfen und nicht alle Probleme dort breittreten. „Altlasten“ bzw. „Viererbande“ sei im übrigen der Jargon der Kulturverwaltung, den sie übernommen habe.

Herr Lehmann-Brauns fragte noch nach ihrer Kenntnis der Off -Szene, „wenn Sie wüßten, wo die zu finden“ sei. Frau Greve (SPD) gab ein Bekenntnis zur „Kulturstadt“ ab. Herr Landowski beschwor die Qualität von Ausstellungen wie die „Stationen der Moderne“ und „Picasso“ für Intellektuelle und die breite Masse im Gegensatz zu vorgesehenen dezentralen Blockflötenkonzerten. Frau Weißler entgegnete, das Heimatmuseum Neukölln habe den Preis des Europarats für seine Arbeit bekommen, und das sei dezentrale Kulturarbeit, die zu fördern sei, und sprach Herrn Landowski, als der das nicht hören wollte und sich lieber unterhielt, an: „Herr Landowski, ich finde Sie ungezogen.“ - Wenn das keine Kultur ist.

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