Wackersdorf - ein Wendepunkt?

■ Der Schwandorfer Landrat Hans Schuierer zum Rückzug aus Wackersdorf

GASTKOMMENTAR

Als engagierter Gegner der natur- und gesundheitsbedrohenden atomaren WAA in Wackersdorf freue ich mich natürlich darüber, daß der jahrelange erbitterte Widerstand der Mehrheit unserer Bürger insoweit Erfolg hatte, daß „Wackersdorf“ wohl nicht mehr gebaut werden kann.

Wenn auch die wirtschaftlichen Überlegungen bei einem „Baustopp“ unzweifelhaft im Vordergrund stehen, so ist doch eines klar: daß unser achtjähriger, friedlicher, demokratischer Widerstand mit ursächlich war, um diese radikale Sinneswandlung mit herbeizuführen.

Insoweit könnnen wir auch ein bißchen stolz darauf sein, daß wir trotz größter Anfeindungen, Verleumdungen und Einschüchterungen standhaft geblieben sind gegenüber der allgewaltig scheinenden Allianz von Atomwirtschaft und Staatsmacht.

„Alles in Ordnung in Wackersdorf, in der Oberpfalz“, könnte man jetzt sagen, wenn nicht die Tatsache wäre, daß der „Baustopp für Wackersdorf“ gleichbedeutend ist mit einer Erweiterung der WAA in La Hague in Frankreich.

Eine Verlagerung bzw. Verschiebung des atomaren Problems ins Nachbarland also, weil man offenbar im eigenen Land keine Zukunft für die eigenen ehrgeizigen und gefährlichen Pläne mehr sieht.

Unser friedlicher und demokratischer Widerstand richtete und richtet sich nicht nur gegen eine WAA in Wackersdorf, er betrifft auch eine WAA in La Hague, eine in Sellafield oder sonstwo in der Welt, da eine solch gefährliche Anlage uns alle bedroht, gleich, wo sie sich befindet und gleich, wo eine zusätzlich gebaut wird.

Unser demokratischer friedlicher Widerstand wird und muß weiterbestehen, solange die gefährliche Atomenergie in all ihren bedrohlichen Auswirkungen auf Natur, Leben, Gesundheit, Rechtsstaat und Demokratie betrieben wird.

Besonders schockierend für mich als überzeugtem Verfechter der Demokratie war die zwangsläufige Feststellung, daß nicht Fragen der Gesundheit und des Überlebens ursächlich waren für die Entscheidung gegen die WAA in Wackersdorf, sondern nur Profitgier und daraus resultierende knallharte Überlegungen der Atomwirtschaft. Auch das sogenannte „Primat“ der Politik bei solchen grundsätzlichen Entscheidungen wurde von der Atomwirtschaft anscheinend gänzlich mißachtet. Die „babylonisch“ zu nennende Verwirrung in Bonn und München beweist dies wohl am besten.

Was nun auch immer werden wird aus und um Wackersdorf eines ist sicher: Wackersdorf war nur eine Schlacht, die sich aber als ein Wendepunkt in der bisherigen Atompolitik herausstellen könnte.

Hans Schuierer, Landrat