Eine Schlappe für Noriega

■ Seit der Annullierung der Wahlen in Panama können die USA wieder auf Noriegas Sturz hoffen

Daß Panamas Armeechef Manuel Noriega einen Wahlsieg der Opposition zulassen würde, hat niemand ernsthaft erwartet. Daß er die Wahl annullieren ließ, beweist nun auch noch seine Unfähigkeit, wie etwa 1984 einen Wahlbetrug erfolgreich über die Bühne zu bringen. Die Herren im Weißen Haus können sich freuen. Seit zwei Jahren versuchen sie, mit allen Mitteln, außer einer direkten militärischen Intervention, den selbstherrlichen Armeechef zu kippen - und noch nie waren sie ihrem Ziel so nah wie jetzt. Der offenkundige Wahlbetrug entzieht der Regierungskoalition von Noriegas Gnaden jede Legitimation. In den letzten Jahren stellten sich die meisten Präsidenten Lateinamerikas hinter den „starken Mann Panamas“, wenn die USA ihr wirtschaftspolitisches Geschütz auffuhren. Nun gratulierten ausgerechnet die Präsidenten Venezuelas und Perus, die mit Noriega in der Sozialistischen Internationale verkehren, dem betrogenen Wahlsieger.

Weshalb aber drängen die USA so penetrant auf Noriegas Sturz? Sicher nicht aus Sorge um die Demokratie. Da haben sie schon ganz andere Diktaturen toleriert. Und immerhin stand Noriega ja jahrelang auf der Gehaltsliste der CIA. Oder aus Sorge um die amerikanische Jugend? Doch von den schmutzigen Drogengeschäften wußte selbst Bush schon 1985, als man noch von „unserem Mann am Kanal“ sprach. Der damalige CIA-Chef Casey nahm den General in Schutz: schließlich habe er eine „wertvolle Unterstützung unserer Politiker speziell im Fall Nicaraguas geleistet“. Mehrere Gründe waren wohl ausschlaggebend: Er diente eben nicht nur der CIA, sondern gleichzeitig auch, was erst 1987 aufgedeckt wurde, dem kubanischen Geheimdienst. Mit Noriegas Sturz wollte die Reagan-Regierung zudem die Contadora-Front aufbrechen, die nicht auf eine militärische, sondern auf eine politische Lösung des zentralamerikanischen Konflikts setzte. Vor allem aber war mit Noriega keine Änderung oder gar Rücknahme der Panamakanalverträge auszuhandeln.

Mit der Sperrung der Finanz- und Wirtschaftshilfe und selbst der Regierungskonten Panamas konnten die USA 1988 Noriega nicht in die Knie zwingen. Eine weitere Verschärfung der Wirtschaftssanktionen hätte damals vor allem die Mittelschichten getroffen, die Basis der Opposition also, und das würde sie auch heute noch. Doch dürfen seit dem Wochenende die USA wieder hoffen. Es wird ein leichtes sein, Noriega in den nächsten Tagen noch stärker zu isolieren. Dann aber steigen auch die Chancen einer Revolte im Militär

-und selbst eine Intervention, die bislang noch ganz Lateinamerika gegen die USA aufgebracht hätte, scheint wieder in den Rahmen möglicher Optionen zu rücken.

Thomas Schmid