Ende der Eiszeit?

Frankreich und Chile nehmen Abstand von Rohstoffvertrag / Eine Tagung in Paris  ■  Von Andrea Seibel

Berlin (taz) - Hätte es nicht die Ölkatastrophe vor Alaska gegeben, jagte nicht eine Ozon-Konferenz die andere und wüchsen nicht die Warnungen in bezug auf den Treibhauseffekt - es sähe momentan noch schlechter für die Antarktis aus. Der riesige eisbedeckte Kontinent, dessen Flora und Fauna bisher „nur“ von Forschern und Touristen behelligt wird, soll nämlich dieses Jahr mit einem Zusatzabkommen namens CRAMRA zur Rohstoffausbeutung freigegeben werden.

So wie es schon mit der Unterzeichnung des Antarktis -Vertrages von 1959 vorgesehen ist, sitzen seit Dienstag, dem 9. bis Samstag, den 13.Mai Delegierte der mittlerweile 39 Mitgliedstaaten (davon 22 Konsultativstaaten) in Paris am runden Tisch. Sie sollen die Tagesordnung für die vom 9. bis 20.Oktober ebenfalls in Paris stattfindende turnusmäßige Konferenz der Antarktis-Vertragsstaaten festlegen. Ort und Inhalte entbehren nicht einer gewissen Brisanz. Bei den Topoi handelt es sich ausschließlich um Umweltthemen: Abfallbeseitigung, Meeresverschmutzung, Auswirkungen eines unkontrollierten Tourismus etc.. Und dann tagt man in Frankreich, das seit kurzem auf Grün schaltet und im April mit der Entscheidung Premier Rocards, das CRAMRA-Abkommen vorerst nicht zu ratifizieren, überraschte.

Ausschlaggebend war sicher auch die Unterschriftenaktion des Meeresbiologen Jacques Cousteau. Dem vehementen Gegner einer Rohstoffausbeutung gelang es nach der Ölkatastrophe von Alaska, eine halbe Million Franzosen zu einem Appell für einen „Weltpark“ Antarktis zu bewegen. Frankreich blockiert damit die Ratifizierung des Abkommens, da alle sieben Länder mit territorialem Anspruch zeichnen müssen. Dazu zählt neben Chile, Argentinien, Norwegen, Großbritannien, Australien und Neuseeland eben auch die Atommacht Frankreich.

Greenpeace-Sprecherin Irmi Mussak, die die Beratungen in Paris beobachtet, ist erfreut über die jüngsten Entwicklungen. Überzeugt, daß „ein Rohstoffabkommen veraltet ist“, geht auch der Vorstoß Chiles ihrer Meinung nach in die richtige Richtung: Die Chilenen legten jetzt ein Papier vor mit dem langen Titel: „Übergreifende Maßnahmen zum Schutz der antarktischen Umwelt und mit ihr verbundener Ökosysteme gegen die Auswirkungen aller menschlichen Aktivitäten“. Wenn dieses Papier in die Agenda für die Oktoberkonferenz aufgenommen würde, wäre das für Irmi Mussak eine kleine Sensation. „Daraus könnte eine Konvention entwickelt werden, die ein Rohstoffabkommen ersetzt.“