Bundesweite Streiks in Kliniken und Heimen

■ 25.000 Schwestern und Pfleger streiken für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld / Die Notversorgung ist überall gewährleistet / Patienten und Ärzte erklären sich teilweise solidarisch / Die ÖTV spricht von einem „vollen Erfolg für Premiere des Arbeitskampfes“

Berlin (taz/dpa/ap) - Die „Premiere des Arbeitskampfes in Kliniken und Altenheimen“ werten die Initiatoren von der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) als „vollen Erfolg“: An dem ersten bundesweiten Warnstreik des Pflegepersonals beteiligten sich bis gestern nachmittag über 25.000 Beschäftigte. Heute sollen insgesamt 150 Krankenhäuser und 25 Altenheime bestreikt werden. Mit dieser Aktion wollen die GewerkschafterInnen Druck auf die Arbeitgeber ausüben, die sich bei den laufenden Tarifverhandlungen nur unwesentlich bewegen. Zentrale Forderung von ÖTV und DAG für die 200.000 Beschäftigten ist eine Anhebung der Vergütungsgruppen um eine Gehaltsstufe.

Am frühen Morgen begannen die nahezu flächendeckenden Warnstreiks. Sie dauerten mehrere Stunden. Vor allem Routinearbeiten fielen aus oder verzögerten sich. Schreibkram blieb liegen. Mancherorts mußte das Operationsprogramm verschoben oder eingeschränkt werden.

Überall jedoch, so berichtet die ÖTV, seien Notfallbehandlungen und Notfalloperationen sichergestellt worden. „Alle Intensiveinheiten sowie Dienste mit lebenswichtigen Funktionen, wie beispielsweise Dialyse, haben wir bei den Warnstreiks ausgeklammert.“ Einige Beschäftigte versahen ihren Dienst nach Vorschrift. Damit seien sämtliche diagnostischen und therapeutischen Behandlungen ausgefallen. Mit Verständnis hätten die Patienten auf Verzögerungen reagiert. In Bad Oeynhausen wollten Kranke auf Selbstbedienung umsteigen zur Entlastung des Personals. Andernorts boten Patienten Hilfe für die Notarbeiten an.

Vor dem Essener Knappschaftskrankenhaus mischten sich Genesende in Puschen und Bademantel unter die Protestierenden. Vier alte Damen aus dem Hannoveraner Krankenhaus Siloah verließen ihr Bett und spannten draußen zwischen zwei Krückstöcke ein Transparent: „Patienten der Station 18 solidarisieren sich mit dem Warnstreik“. Auch zahlreiche ÄrztInnen zeigten offen ihre Sympathie für die Forderungen der Protestierenden. Im Rheinischen Landeskrankenhaus in Langenfeld verteilten sie vor der Klinik Flugblätter. An verschiedenen Orten demonstrierten die Streikenden durch die Innenstädte. In Heidelberg beteiligten sich 1.000 Beschäftigte der Uniklinik an einer Demonstration. Einige Streikaktionen begannen erst am späten Nachmittag, so daß ein Gesamtüberblick bis Redaktionsschluß nicht vorlag. Reaktionen der Arbeitgeber wurden nicht bekannt. Das nächste Verhandlungsgespräch der Tarifgegner ist für den 18. Mai vorgesehen. Viermal wurden die Verhandlungen bisher ergebnislos abgebrochen.

bm/peb