: „Nicht leichtfertig raus aus den Kartoffeln“
Für W.Straßburg, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK), ist in Wackersdorf noch nicht aller Tage Abend ■ I N T E R V I E W
taz: Der bayerische Umweltminister Dick hat mit seiner Äußerung, die WAA sei in Wackersdorf zwar technisch machbar, aber politisch nicht mehr durchsetzbar, praktisch einen Schlußstrich gezogen. Ist das für die DWK akzeptabel?
Wolfgang Straßburg: Wir interpretieren die Aussage nicht so. Es ist derzeit eine eingehende Prüfung in der Bundesrepublik und in der deutsch-französischen Kommission im Gange. Bis Ergebnisse vorliegen, muß uneingeschränkt an Wackersdorf festgehalten werden. Das gebietet die Entsorgungsvorsorge für die deutschen Kernkraftwerke.
Gibt es nach einer Unterzeichung der Verträge über die Aufarbeitung in La Hague keine Probleme mehr mit dem Entsorgungsnachweis?
Man muß erst mal abwarten, ob es überhaupt zu einer Unterzeichnung der Verträge kommt. Ich glaube, man sollte nicht über eine Sache reden, bevor über die gesamten Auswirkungen - und die gehen weit über das im Moment im Vordergrund stehende betriebswirtschaftliche Argument hinaus - Klarheit besteht.
Ich hatte während dieser Tagung den Eindruck, daß sich die ganz große Mehrheit der Teilnehmer bereits mit dem Verzicht auf Wackersdorf arrangiert.
Es ist ein Faktum, daß der energiepolitische Konsens zur friedlichen Nutzung der Kernenergie fehlt. Das ist eine Riesenbelastung für Milliardenprojekte. Aber wir können bei einer solchen Frage nicht einfach leichtfertig raus aus den Kartoffeln und wieder rein in die Kartoffeln.
Sie haben in Ihrem Referat von einer möglichen Modifikation der jetzigen Pläne gesprochen. Wie könnte die aussehen?
Einmal müssen wir feststellen, das Angebot der Cogema ist an die Veba gegangen, und es beinhaltet mindestens 400 Tonnen Kernbrennstoffe pro Jahr. Wir meinen, daß das Hauptmotiv der Franzosen ist, eine mangelnde Auslastung der neuen Wiederaufarbeitungsanlage UP-3 ab dem Jahr 1999 auszuschließen. Das verliert für sie nicht an Bedeutung, sollte von deutscher Seite eine verringerte Tonnage beziehungsweise ein anderer Vertragspartner gewünscht werden. Ein denkbarer Partner wäre die DWK. Ich kann mir nicht vorstellen, daß - wenn an diesen beiden Punkten eine Änderung gewünscht wird - die Franzosen spontan Nein sagen und damit eine Unterauslastung in Kauf nehmen.
Wie könnten bessere Bedingungen für die deutsche Seite konkret aussehen?
Das kann ich heute nicht sagen. Wir sitzen ja nicht am Verhandlungstisch. Aber keiner wäre gut beraten, sich voreilig in die eine oder andere Richtung festzulegen. Die Attraktivität des betriebswirtschaftlichen Arguments muß erst belastbar bewiesen werden. Beispielsweise inwieweit die Vorteile unter Einbeziehung der Folgekosten bei Aufgabe des Projektes in Wackersdorf noch tragen.
Betriebswirtschaftliche Erwägungen waren ohne Zweifel Auslöser der ganzen Diskussion.
Ja, aber das ist mit Sicherheit nicht das einzige Argument. Man verliert an Glaubwürdigkeit gegenüber dem, was man über 15 Jahre in unserem Land gesagt hat. Es gibt andere Kriterien, die mit Sicherheit gleichgewichtig, wenn nicht sogar schwergewichtiger sind. Die Abklärung darüber wird nicht nur von uns für notwendig erachtet. Das wird auch von Bonn so gesehen.
Es ist jetzt viel von der „Europäisierung der Atomwirtschaft“ die Rede. Kann dabei am Ende auch die Endlagerung französischen Atommülls in der Bundesrepublik rauskommen?
Da sind wir der falsche Ansprechpartner. Die Endlager sind in staatlicher Verantwortung.
Tatsache ist, daß die Franzosen bei der Endlagerung noch weniger weit sind als die Deutschen.
Richtig, wir sind bei der Endlagerung führend. Aber das ist noch kein Argument dafür, daß die Bundesrepublik das Nuklearklo für Europa wird. Ob man umgekehrt sagen muß, wir schließen völlig aus, daß jemals ausländische Abfälle in deutsche Endlager kommen - natürlich im Tauschgeschäft -, das steht jetzt nicht zur Diskussion.
Die Veba sitzt hier in Düsseldorf. Hätten Sie Herrn Bennigsen-Foerder hier gern gesehen?
(lacht) Ich wäre geradezu größenwahnsinnig, wenn ich auf die Terminplanung von Herrn Bennigsen-Foerder Einfluß nehmen wollte. Meinen Vortrag hätte ich auch so gehalten, wenn er da gewesen wäre.
Interview: Gerd Rosenkranz
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