Abgeordnete - zur Ader gelassen

■ Monnerjahn und die Folgen, Metz hinter Glas und Jahnke mit dem Wort der Woche

Der Parlamentarismus in seiner Bremer Erscheinungsform ist derzeit krank, sagen sogar diejenigen, die ihn vertreten. Nicht gerade sterbenskrank, aber immerhin: Diese Woche erschienen sogar schon die Gesundheitsvorsorger vom BIPS in der Bürgerschaft, um den Bremer VolksvertreterInnen den Cholesterin-Spiegel zu messen. Die meisten Abgeordneten ließen brav zur Ader und durften sich dafür an gesunden Leckereien laben, kostenlos versteht sich.

Einsamer Spitzenreiter bei den Messungen war der SPD -Abgeordnete Rudolf Monnerjahn. Angebote des besorgten Grünen Martin Thomas, Monnerjahn ins Krankenhaus zu fahren, wurden aber von dessen Chef Claus Dittbrenner kategorisch abgelehnt. Dafür hat Dittbrenner in seiner Fraktion einen Beschluß durchgesetzt, dessen gesundheitspolitischer Weitblick sich erst noch erweisen muß. Weniger Rauchen und Kaffeetrinken ist die Folge, seit die Abgeordneten zu mehr Präsenz im Parlamentssaal aufgefordert sind. Bewegungsarmut und lebensgefährliche Langeweile sind die Kehrseite der Medaille.

Überlebt haben SchülerInnen, die zu Beobachtungen der Debatte über die Einführung des 10. Hauptschuljahres in die Bürgerschaft mußten. „Raus aus den Schulen, mehr Lebensnähe“ forderten die Abgeordneten als Rezept gegen Schulfrust. Einigen SchülerInnen entgingen die pädagogischen Rezepte leider. Sie waren eingenickt.

Dabei hatte Parlamentspräsident Dieter Klink extra noch „freien Vortrag“, gegen Langeweile verlangt. Es half nichts. Doch es wird nicht nur an der abgelesenen Rede der Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte gelegen haben, daß sich bei der Debatte über Abfallwirtschaft der Saal fast völlig leerte. Wer will schon Müll hören, wenn draußen vor dem Tore ein waschechter Revolutionär vor Volkesmassen eine Rede hält. Da hielt es selbst CDU-Chef Metz nicht mehr auf seinem Stuhle. Während draußen die Menge Daniel Ortega feierte, drückte er sich hinter den Parlamentsfenstern die Nase platt.

Apropos Ortega: 2.000 Demonstranten seien da gewesen, schrieb der Weser-Kurier und FDP-Fraktionschef Claus Jäger ist sauer. Niemals sagt er. Zweitausend ist, wenn der Marktplatz voll ist, und das ist wenn Genscher kommt. Punkt.

Die goldene Zitrone für das wahrste Wort der Woche aber gebührt diesmal eindeutig der Grünen Volksvertreterin Irmgard Jahnke: „Die Pressereihen haben sich gelichtet“, meinte die Verkehrsexpertin der Grünen und versprach, sich deshalb kurzzufassen. Hatten wir schon immer geahnt, daß die Damen und Herren Parlamentarier aus keinem anderen Grunde diskutieren, als ihren Namen ab und an in der Zeitung zu finden. Was hiermit geschehen ist.

Rosi Roland