Bringt die BVG den Kudamm um?

■ AG City fürchtet um ein Biotop: den Kudamm / Busspuren bringen das ökonomische Gleichgewicht ins Kippen / Die Ladenbetreiber wollen lieber noch mehr Parkhäuser

Seit dem Regierungswechsel fürchten die Geschäftsleute aus der AG City um ein einzigartiges Biotop. „Muß der Kudamm sterben?“ fragte Rolf Wiedenhaupt gestern bange. Wiedenhaupt handelt normalerweise mit Schuh- und Lederwaren. Auf der gestrigen Pressekonferenz wuchs er zum Bernhard Grzimek der Kudamm-Kaufleute: Das „Zusammenspiel von Verkehr und Passanten“ sei schwer bedroht. Aber keine skrupellosen Großwildledertaschenjäger sind es, die das ökologische Gleichgewicht des „Bummelboulevards“ zum Kippen bringen könnten - es sind die Großen Gelben der BVG.

Würden nämlich, wie vom neuen Senat geplant, Busspuren von der Fahrbahn abgetrennt, dann entstünde eine „Rennstrecke“ für die BVG, fürchtet die AG City. Weil durch die Busspuren auf beiden Straßenseiten die Parkplätze entlang der Gehwege ausgemerzt würden, erläuterte Verkehrsexperte Wiedenhaupt, würde auch der übrige Verkehr beschleunigt. Denn parkten keine Autos mehr ein- und aus, dann würden die „fehlenden Stockungen“ die „allgemeine Geschwindigkeit“ erhöhen - der Bummelboulevard verkäme zum Raseboulevard. Serengeti wäre tot.

Den Einwand, daß sich der Verkehr auch auf andere Weise bremsen ließe als durch Parkspuren, wollten die Geschäftsleute nicht gelten lassen.

Ihr Plädoyer für diese einigermaßen unorthodoxe Methode der Verkehrsberuhigung sei keinesfalls ein vorgeschobenes Argument von Einzelhändlern, die ihren Kunden und Anlieferern möglichst viele Parkplätze bieten wollen. Nein, nein, es geht um Landschaftsschutz, nicht Ladenschutz.

Nichtsdestotrotz wünscht sich die AG City mehr Platz für Autos. Zusätzliche Parkplätze, neue Kurzparkzonen, sogar weitere Parkhäuser sollten nach ihrer Meinung die City bereichern. Die Arbeitsgemeinschaft, die jetzt schon zwei Parkhäuser betreibt, bietet uneigennützig an, weitere Häuser zu übernehmen. „Es geht uns nicht darum, Gewinne zu machen, es geht um eine attraktivere City“, versicherte Wiedenhaupt. (What's the difference? die k.)

Autos bedrohen das ökonomische Gleichgewicht der „weltweit bekannten“ Einkaufsmeile folglich nicht, wohl aber Fußgänger -Monokulturen. Weil es ringsum an ausreichenden Parkmöglichkeiten mangele, dürfe der Kudamm keine Fußgängerzone werden, erklärten die City-Schützer. Zumal es unter Fußgängern eine Spezies gibt, die in den Augen der wohlanständigen Anrainer der Straße eindeutig aus der Art fällt: Wiedenhaupt forderte „bauliche Verbesserungen“ in den U-Bahnhöfen, um die „Ansammlung krimineller Elemente“ zu unterbinden.

hmt