Weiterer Minister verläßt Südafrikas Regierung

Vertreter und Anhänger Pieter Bothas kündigte zum 1.Juli / Reformstrategie der Nationalen Partei bleibt nach Chris Heunis Ausscheiden unklar / Rücktrittsserie untermauert Spekulationen um Parteikrise / Parteichef De Klerk will Reformtempo verlangsamen  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Chris Heunis, Südafrikas Minister für Verfassungsentwicklung, hat am Donnerstag abend überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Er ist der vierte Minister, der vor den am 6.September stattfindenden Wahlen zurückgetreten ist. Heunis ist wichtigster Reformstratege der regierenden Nationalen Partei (NP). Der Reformkurs der NP bleibt nach seinem Abgang undeutlich. Auch über schwere Differenzen innerhalb der Partei wird wieder spekuliert.

Während Bothas Krankheit Anfang des Jahres amtierte Heunis als Staatspräsident. Er gilt als Anhänger Bothas, der sein Amt nach den Wahlen an den neuen NP-Führer, Erziehungsminister De Klerk, abgeben wird. Der Rücktritt von Heunis wird deshalb wohl auch auf Differenzen mit De Klerk zurückgeführt. Aus Parlamentskreisen wird berichtet, daß die Partei keineswegs einheitlich hinter De Klerk steht, sondern daß in der Fraktion große Unruhe herrscht. Heunis war u.a. Architekt des 1984 eingeführten Parlaments, in dem Weiße, Mischlinge und Inder getrennte Kammern haben. Er wurde wiederholt für verschachtelte Strukturen, die er zur Reform der Apartheid vorschlug, kritisiert. Zuletzt wurde sein Etat am Donnerstag von der Kammer der Mischlinge aus Protest gegen die Langsamkeit der Reformen abgelehnt. Letzten Freitag hatte Heunis im Parlament noch Reformen versprochen, die zur Vertretung von Schwarzen in der Zentralregierung führen sollten. Zwar waren seine Aussagen wie immer sehr vage, doch wird inzwischen spekuliert, daß er mit dieser Rede ein Reformtempo angedeutet hatte, das De Klerk zu schnell war.

Der Chef und Nachfolger von Pieter Wilhelm Botha als Vorsitzender der seit über 40 Jahren regierenden Partei kündigte gestern während einer Parlamentsdebatte an, daß seine Politik sich an dem „Schutz von Gruppen“, also von Weißen, orientieren werde. Ein gänzlicher Ausschluß der schwarzen Mehrheit von der Regierungsarbeit würde letztendlich zur Revolution führen, womit Freiheit und Sicherheit der Weißen dahin wären. Er lehnte eine volle Stimmberechtigung der Schwarzen erneut als „völlig unakzeptabel“ ab. De Klerk wird nach der Wahl als neuer Präsident mindestens sechs Ministerposten neu besetzen müssen. Der Vorsitzende der Kammer für Inder wurde im Januar nach einer Korruptionsaffäre gefeuert. Der Bauminister trat ebenfalls nach Korruptionsvorwürfen zurück. Und im Vorfeld der Wahlen haben der Innen-, der Wirtschafts- und der Landwirtschaftsminister ihren Rücktritt angekündigt.