Schuldenerlaß für einen Nationalpark in Costa Rica

Schweden übernahm Teilschulden von den Banken und finanziert damit ein Aufforstungsprojekt / Umweltverbände: Verschuldungsursache verschleiert  ■  Von R.Wolff und U.Kulke

Stockholm/Berlin (taz) - Die schwedische Regierung hat jetzt einen Teil der Auslandsschulden Costa Ricas von den Gläubigerbanken übernommen. Die Reichsschuldenverwaltung in Stockholm will jedoch gegenüber dem zentralamerikanischen Staat nicht auf die Rückzahlung im ursprünglichen Nennwert von rund 25 Millionen Dollar bestehen, sondern den entsprechenden Gegenwert in costaricanischer Landeswährung in die Aufforstung eines Nationalparks investiert wissen. Damit hat sich auch die schwedische Regierung der Praxis des „Debt for Nature Swaps“ angeschlossen, im Zuge derer unter anderem bereits Schulden Boliviens und Ecuadors erlassen wurden. Costa Ricas Außenschuld beläuft sich derzeit auf 4,5 Milliarden Dollar (davon 1,5 Milliarden bei den internationalen Banken).

Die schwedische Reichsschuldenverwaltung mußte allerdings nicht die vollen 25 Millionen Dollar für den Schuldenankauf bezahlen, sondern lediglich 13 Prozent - der niedrige Kurs als Ausdruck dafür, daß die Banken die Rückzahlung der Kredite durch Costa Rica als nahezu hoffnungslos einstufen und froh sind, wenn sie wenigstens noch einen geringen Teil davon erhalten. Seit mehreren Jahren hat sich eine Art „Second Hand Markt“ für Drittwelt-Schulden zum Discountpreis herausgebildet: Bolivien wird zu neun Prozent gehandelt, Mexiko und Brasilien etwa zu 40 bis 60 Prozent.

Am weitesten verbreitet ist dabei die Variante, daß Direktinvestoren, zumeist große Konzerne, die bereits im entsprechenden Land Tochterunternehmen haben, von den Banken die Schulden billig erwerben. Anschließend gehen sie zur örtlichen Zentralbank, lassen sich den vollen Nennwert der ursprünglichen Schuld in Landeswährung ausbezahlen und investieren den Betrag in ihrem Unternehmen bzw. erstehen neue Unternehmensbeteiligungen („Debt to Equity Swap“).

Costa Rica verpflichtete sich gegenüber Schweden, die Schuldverschreibungen zu einem Nominalwert von 70 Prozent zurückzukaufen, zahlbar durch die Zentralbank auch in diesem Fall nicht in Dollar oder anderen „harten“ Devisen, sondern „nur“ in eigener Währung. Durch diesen Rückkauf soll Costa Rica nicht nur seine Auslandsschuld senken, sondern auch Zinszahlungen in entsprechender Höhe entgehen.

Der schwedische Staat hat 21 Millionen Kronen (ca. 6 Millionen Mark) Entwicklungshilfegelder für den Kauf aufgebracht. Durch den Rückkauf Costa Ricas nach obigem Modell sind daraus unter Berücksichtigung der Kosten 108 Millionen Kronen in costaricanischer Währung geworden. Damit soll, so Anna Brandt von der Reichsschuldenverwaltung vor der Presse in Stockholm, ein Nationalpark im Norden Costa Ricas finanziert werden, faktisch handelt es sich um ein Aufforstungsprojekt.

Während die US-Banken, die die Schulden an Schweden verkauft hatten, von einer „genialen“ Konstruktion sprechen, kommt gerade von Umweltschutzorganisationen Kritik. „Auf den ersten Blick erscheint das ganz toll“, kritisiert Koy Thomson von „Jordens Vänner“ (Freunde der Erde), „aber wenn man die Situation der Drittwelt-Länder genauer betrachtet, wird das ganze mehr als zweifelhaft.“ Seiner Meinung nach stoße das Modell bei fast allen lateinamerikanischen Umweltschutzorganisationen auf Kritik. „Mit den Schuldverschreibungen zu handeln, bedeutet eben, die Verschuldungssituation zu legitimieren. Der Zusammenhang zwischen der Verschuldung und der durch sie ausgelösten Umweltzerstörung geht verloren. Die Regenwälder werden ja nicht grundlos abgeholzt, sondern um Exporterlöse hereinzubekommen, die wiederum die Zinszahlungen finanzieren sollen.“

Noch unter einem anderen Gesichtspunkt ist Kritik zu hören: Es sei zu verführerisch, derartige Geschäfte über die Druckerpresse der Nationalbanken in den Schuldnerländern zu finanzieren - unter Inkaufnahme inflationärer Prozesse also. Auch Bengt Säve-Söderbergh, Staatssekretär im schwedischen Außenministerium hält das jetzige Geschäft für „keine Patentlösung“, verteidigt es aber in bezug auf Costa Rica als „erfreulich und positiv“ für das Land.

„Die ökonomischen Probleme in den Drittwelt-Ländern werden wir damit allerdings ebensowenig lösen können, wie deren Umweltprobleme“, meint er einschränkend. Es sei aber geplant, noch mehrere Vereinbarungen nach gleichem Modell abzuschließen. Welche, mag er nicht sagen: „Wenn Konkretes bekannt wird, schrauben die Banken ihre Forderungen für die Schuldverschreibungen in die Höhe, und ein Aufkauf wird absolut unrealistisch“.