Björn Engholm liebt die Subalternen

Berlin (taz) - Das parteiliche Verhalten der Lübecker Staatsanwaltschaft in der Barschelaffäre fand Björn Engholm hundsgemein. Vor seiner Wahl hielt er ein „Großreinemachen“ in dieser Behörde für notwendig. Statt dessen vergrätzte der Ministerpräsident jetzt die eigenen Genossen mit der Ernennung von Oberstaatsanwalt Joachim Böttcher zum Leiter der Lübecker Staatsanwaltschaft. Böttcher hatte sich bundesweit einen Namen gemacht als Pressesprecher des früheren Leiters während des Waterkantgate. Seit zehn Jahren der zweite Mann an der Spitze der Beamtenschaft - sein Vorgesetzter Oswald Kleiner konnte sich auf Pressesprecher Böttcher immer verlassen. Als die Medien und der parlamentarische Untersuchungsausschuß Kleiners Ermittlungsmethoden - Verschleppung der Information und Akteneinsicht Engholms, gezielte Entlastung der CDU aufdeckten, holte Kleiner Böttcher aus dem Urlaub. Flugs baute der Mann Verteidigungslinien auf und bereitete die Offensive vor. Im Dezember 1987 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft ein Gutachten zu Barschels Abhängigkeit von dem angstlösenden Medikament Tavor. Die nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen „anrüchige und Persönlichkeitsrechte verletzende Veröffentlichung“ erlöste vor allem CDU-Landeschef Stoltenberg und seine Mannen von tiefsitzenden Ängsten, konnten sie doch die Verantwortung dem umnebelten Hirn Barschels zuschieben. Daß Böttcher damals die entsprechende Pressemitteilung herausgegeben hat, daran erinnern sich auch Sozialdemokraten. Aber: Der brave Böttcher habe „immer nur das getan, was ihm von dem Vorgesetzten aufgetragen wurde“.

Justizminister Klingner hat in seiner Funktion als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses mehrmals den Kadavergehorsam von Barschels Getreuen kritisiert. Seine und Engholms neuerliche Vorliebe für die Subalternen mochte Klingner gestern nicht erklären.

Petra Bornhöft