Explosion in Raffinerie

■ Ein Toter und ein Schwerverletzter bei einem Großbrand in Hamburg / Erst nach vier Stunden war die Gefahr einer absehbaren Katastrophe gebannt / Ursache der Explosion noch unklar

Hamburg (taz) - Ein Großfeuer in der Hamburger Shell -Raffinerie hat gestern den blauen Himmel an der Waterkant verdunkelt. Im Verlauf von Reparaturarbeiten an einer Pumpstation war es gegen 8 Uhr 45 zu einer Explosion gekommen, die das aufwendige Rohrsystem der Raffinerie in Brand setzte. Ein Arbeiter verbrannte in dem Feuerpilz, einem weiterer Shell-Arbeiter wurde durch die Detonation der Arm halb abgerissen. Insgesamt 150 Feuerwehrmänner aus dem gesamten Stadtgebiet bekämpften das Großfeuer. Die Löscher mußten sich jedoch zunächst auf Distanz halten, weil es immer wieder zu Explosionen kam.

Der Feuerpilz aus verbranntem Butangas und Benzin schoß teilweise 150 Meter in den Himmel über dem Hamburger Hafen. Die Feuerwehr beschränkte sich deshalb darauf, die Vorratstanks auf dem Shell-Gelände sowie einen in der Nähe des Brandherds abgestellten Güterzug mit Kesselwaggons (jeweils mit 50.000 Litern Benzin gefüllt) zu kühlen. Es bestand akute Explosionsgefahr.

Technische Probleme bei der Bekämpfung des Feuers machten nach Angaben des Einsatzleiters die großen Mengen brennbarer Stoffe, die aus den Rohrleitungen auch dann noch austraten, als diese bereits abgesperrt waren. Wiederholt kam es zu Folgeexplosionen. Insgesamt strömten aus den Leitungen nach Darstellung der Feuerwehr mehr als 100 Tonnen Flüssigkeit, die das Feuer weiter nährten.

Bereits durch geringe Veränderungen der Windrichtung erhitzten sich Großtanks in der Nähe des Brandherds, obwohl sie ständig gekühlt wurden. Darüber hinaus hatten die Feuerwehrmänner Mühe, genügend große Mengen Löschwasser herbeizuschaffen.

Pro Minute wurden 50.000 Liter Wasser auf den Brandherd gepumpt, ohne daß sich das Feuer davon beeindruckt zeigte. 40 bis 80 Grad Celsius herrschten an der vordersten Front. Löschen war dabei nicht alles - denn das Feuer durfte nicht zu schnell ausgehen. Wären die Flammen zu schnell gelöscht worden, hätten sich die übrigen Gase und Flüssigkeiten aus dem sechs Kilometer langen Rohrnetz an den heißen Metallteilen entzünden können. Die nachfolgende Explosion hätte alle vorangegangenen Verpuffungen als Episode erscheinen lassen.

Am Vormittag spitzte sich die Situation dramatisch zu, als die Feuerwehr nach erneuten Detonationen die Kühlung eines mit fünf Millionen Litern gefüllten Vorratstanks einstellen mußte. An der Außenwand dieser Industriebombe begann bereits die Farbe zu schmelzen.

Erst durch den massiven Einsatz von chemischem Löschschaum gelang es der Feuerwehr, das Feuer nach vier Stunden einzudämmen und unter Kontrolle zu bringen. Bei aller Gefahr hatten Feuerwehr und Hamburger Bevölkerung Glück: Auf dem Shell-Gelände brannten Benzin, Diesel, Butangas - aber keine Stoffe, die direkt eine chemische Gefahr bedeuteten.

K. von Appen/F. Wieding