STAU zum Staunen

Zehn Autos stauen die Schwachhauser Heerstraße / Ausstellung von Til Mette  ■ 

Foto: Wolfram Steinberg

Freitag mittag in der brütenden Hitze auf der Schwachhauser Heerstraße, kurz bevor man zum Fockemuseum abbiegt: Autos, die still stehen. In den Autos hocken Männer, Frauen, Kinder, Katzen, Hunde genervt, indigniert, mit hilflos zusammengebissenen Zähnen, resigniert herunterhängenden Lefzen. Einer bohrt in der Nase, einer Frau hängt die Hutkrempe ins Gesicht wie verwelkte Geranien, hilflos klammert sich ein Mann ans nutzlos gewordene Lenkrad, eine Frau beugt sich sehnsüchtig zu ihrem Mitfahrer hinüber, der aber ängstlich zurückweicht. In einem anderen Auto sucht der Mann auf dem Rücksitz Halt und Stütze bei seinem liebsten Haustier, einem Huhn und sogar die Klorollen im Rückfenster wirken ermattet. STAU. Ein herber Schicksalsschlag. Bleibt nur die Hoffnung, daß die Polizei ihn so bald wie möglich auflöst.

Aber hier gibts keine Hoffnung. Der Stau ist polizeilich genehmigt, und ein Herr vom Stadt- und Polizeiamt amüsiert sich dabei köstlich. Der Stau ist nämlich eine „polizeilich geänderte Verkehrsführung“, kunstvoll gestaut von Til Mette.

Zehn Autos hat er vom Schrottplatz hierhergekarrt, hintereinandergestellt und mit all den resignierten Menschen bemalt, für die Stau ein wahrlich hundsföttischer Zustand ist.

Nicht so für Til. Er sieht den Stau ganz anders, als beglückenden Umstand. „He het idt im stau“, hieß dieser Zustand des Glücks früher, als der Müller noch das Wasser staute, um ordentlich mahlen zu können. So weiß es das Grimmsche Wörterbuch. Und seit Freitag mittag wissen es auch viele Bremer, die sich mit Til, dem Herrn von der Polizei und den schrägen Klängen von „Lauter Blech“ am Stau freuten. Seltsam nur, daß die polizeilich anders geführten Autofahrer an dieser Erfahrung des Staus einfach vorbeigefahren sind, ohne anzuhalten, einen zweiten Stau ängstlich vermeidend. Wären sie stehen geblieben, sie säßen beim nächsten Stau vielleicht nicht so trübe im Auto wie die von Til gemalten Typen. Die kann man übrigens noch bis zum 29. Mai anschauen. Und wer „idt im stau het“, d.h. „bey gutem vermögen und im vortheilhaften nahrungszustande“ ist, kann die Typen in den Autos hinterher auch kaufen und zuhause verSTAUen.

Christine Spiess