Tennis-Favoritinnen der schnellen Art

■ Tennisturnier an der Hundekehle: Steffi Graf und Gabriela Sabatini hurtig ins Halbfinale / Isabel Cueto war überrascht

Ihren Durchhänger hatten die beiden Favoritinnen der „German Open“ Steffi Graf und Gabriela Sabatini bereits am Anfang des Turnieres genommen; Steffi Graf bei ihrem ersten Spiel gegen die Dänin Tine Scheuer-Larsen, Gabriela Sabatini im mühseligen Achtelfinalmatch gegen die Tschechoslowakin Radka Zrubbakova, als die Zukunft der Argentinierin in diesem Tennisturnier buchstäblich am seidenen Faden hing.

Im Viertelfinale ließen die beiden allerdings nichts mehr anbrennen. Dabei hatte Steffi Graf an ihre Kontrahentin Anna Maria, genannt Sandra, Cecchini nicht unbedingt die besten Erinnerungen. Die energiegeladene Italienerin war bislang neben Chris Evert wohl die unbequemste Gegnerin auf Berliner Boden gewesen. Vor zei Jahren hatte die flinke Bologneserin ihr im Halbfinale einen Satz abgenommen und den entscheidenden Durchgang nur knapp mit 4:6 verloren. Diesmal jedoch bereitete Sandra Cecchini nur dem Schiedsrichter Probleme, der sich fast die Zunge verstauchte bei dem beharrlichen Versuch, das Wort „Tschetschini“ auszusprechen, anstatt, wie es sich gehört, „Tschekini“ zu sagen.

Steffi Graf ließ sich gegen die laufstarke Italienerin, die während ihrer Matches genauso herzhaft lachen wie unbändig fluchen kann, gar nicht erst auf lange Ballwechsel ein, sondern zermürbte sie mit Serien von Stoppbällen der hundsgemeinen Art. Cecchini blieb nichts weiter übrig, als ihrem Gegenüber giftige Blicke zuzuwerfen, wenn diese ihre hervorragenden Bälle unbeeindruckt und unerreichbar zurückprallen ließ, und ansonsten den Bundespräsidenten zu ärgern, der im Kreise seiner Berliner Parteimafia durch Unruhe beim Seitenwechsel auffiel. Während des Turniers war Cecchini gelegentlich mit einem Buch auf der Tribüne aufgetaucht, unschlüssig, ob sie lieber den Ballwechseln oder den Buchstaben folgen sollte. Auch bei diesem Viertelmatch hätte sie eine geruhsame Lektüre auf den Rängen wohl dem sinnlosen Herumirren auf dem Center Court vorgezogen. Weit gekommen wäre sie allerdings auch literarisch nicht; das Match dauerte nur 54 Minuten und endete 6:2, 6:0 für Steffi Graf.

Für das gleiche Resultat verbrauchte Gabriela Sabatini gegen Sylvia Hanika genau vier Minuten mehr. Die Argentinierin hatte das Match mit ihren wuchtigen Grundschlägen zu jeder Zeit im Griff, obwohl sie dabei nicht mehr als unbedingt nötig tat.

Sie trifft nun im Halbfinale auf die Stuttgarterin Isabel Cueto, die am Donnerstag sensationell die Weltranglistenzwölfte Katerina Maleeva ausgeschaltet und gestern auch ihr Viertelfinale gegen Regina Rajchrtova (CSSR) gewonnen hatte (3:6, 7:6, 6:2). Isabel Cueto war selbst am meisten überrascht über ihr weiteres Vordringen und berichtete, daß sie nicht einmal genug Socken für so viele Tage dabei habe. Das zweite Halbfinale bestreiten Steffi Graf und die Siegerin des Matches Barbara Paulus (Österreich) - Helen Kelesi (Kanada).

Matti Lieske