WIR WOLL'N IMMER ARTIG SEIN...

■ Pogo interruptus: Verspätetes Frühlingserwachen mit Feeling B

In der DDR hat, nahezu unbemerkt vom Westen, eine kleine musikalische Revolution stattgefunden. Mit Kleeblatt 23 Die Anderen Bands kam im Sommer 1988 in der DDR eine erste Platte mit Bands heraus, die ihre Wurzeln eindeutig im Punk oder Wave haben, und löste damit - zwar gute zehn Jahre zu spät, aber immerhin - eine Welle aus, die auch anderen Underground-Bands Plattenaufnahmen ermöglichen wird. Auf dem Sampler Kleeblatt23 fanden sich jeweils drei Stücke der Bands WK 13, Hard Pop, Sandow und Feeling B und wurde damit zur ersten Punkscheibe (auch wenn sich Feeling B gegen das Etikett Punk wehren) auf dem Staatslabel Amiga überhaupt. In der DDR werden diese Kapellen als die Neuen oder die Anderen Bands bezeichnet, was nur die Hilflosigkeit des bürokratischen Kulturbetriebs ausdrückt.

Im DDR-Rock-Dokumentarfilm Flüstern & Schreien tauchen exemplarisch die Ostsuperstars Silly und Chicoree (die sich während der Dreharbeiten auflösten, deren Sänger aber inzwischen mit Die Zöllner schon wieder Erfolg hat) auf und außerdem, als Beispiele für den DDR-Underground, Sandow und Feeling B, die aufgrund des Erfolgs des Films in der DDR dort inzwischen auch über den Underground-Status hinaus bekannt geworden sind. Im Film wurden Feeling B wie die symphatischen Newcomer aus dem Hinterhof nebenan präsentiert, kochend im vergammelten Bandbus (inzwischen von den Behörden beschlagnahmt) und beim Spontankonzert am Badesee mit pogotanzenden Kids am Sandstrand.

Feeling B besteht seit der Gründung aus drei Fixmitgliedern. Aljoscha singt und kümmert sich um die meisten organisatorischen Belange, Paul spielt Gitarre und Flake dudelt auf diversen Keyboards, spielt schon mal Baß und sorgt für trockenen Humor. Getrommelt und manchmal auch geblasen auf Trompeten oder Saxophonen wird von Gästen, die öfter wechseln und spielen, wann sie Lust haben.

Beim Gespräch stellt sich Aljoscha als umtriebiger, voller Ideen und Projekte steckender Mensch heraus, den die schon fast paranoide Angst verfolgt, die Kontrolle über das Unternehmen Feeling B zu verlieren oder die Band so groß werden zu lassen, daß sie ihn völlig einnimmt. Trotzdem scheint das nicht mehr zu verhindern zu sein. Amiga und New Rose (das größte französische Indielabel) streben eine Kooperation an, um die neue Platte gemeinsam zu produzieren, die Abmischung soll vielleicht sogar in Paris erfolgen. Gegen die von uns ins Spiel gebrachte Punk-Schublade (tatsächlich klingen Feeling B, als würden sie Dead-Kennedys -Scheiben unterm Kopfkissen aufbewahren) wehrt sich Aljoscha vehement und fordert mit der ehrlichen Entrüstung eines jeden Künstlers Einmaligkeit für sein Ding.

Neben Feeling B organisiert Aljoscha noch ganze Festivals, plant eine Zelttournee an DDR-Seen entlang, rief ein Projekt namens „Öffentliche Probe“ ins Leben, bei dem auch Bands ohne Einstufung auftreten können, und spielt wohl noch in anderen Combos, aber ganz sind seine diversen Aktivitäten für uns nicht auseinanderzuhalten.

Und über allem steht der alte Fun-Punk-Gedanke:

Aljoscha: Wir wollen Parties machen, und solange man Spaß an Parties hat, solange muß man eben Parties machen. Wir wollen nicht in eine Konzertmaschinerie hineingedrängt werden, wo du hinkommst, machst dein Konzert von einer Stunde, kassierst die Knete, gehst ins Hotel und haust wieder ab. So was will ich nicht machen.

taz: Wie habt ihr angefangen?

Wir haben angefangen Mitte '83, die Einstufung haben wir Ende '83 gekriegt. Unsere ersten Auftritte waren am Strand von so einer kleinen Insel in der Ostsee. Da hatten wir einen Autoverstärker, eine Autobatterie und als Gitarrenverstärker einen Stern-Recorder, so einen kleinen Recorder mit einem Distorsion als Verzerrer. Ich hatte eine Heimanlage als Gesangsanlage. Mit dem Wagen sind wir dann an der Ostsee rumgefahren und haben da gespielt.

Und keine Probleme mit der Polizei?

Doch, doch, der Sheriff vom Hiddensee ist uns immer hinterhergerannt. Der hatte so einen großen Hund und hat uns immer verfolgt. Dann haben wir auch manchmal nachts gespielt, das hörte man natürlich über die ganze Insel, und er hat versucht uns aufzuspüren, aber der war sowieso blind.

Der Hund oder der Polizist?

Der Hund mit dem Sheriff zusammen. Der hatte sowieso ein paar Probleme, dem klingelte es immer in den Ohren, hat er erzählt. Das war eigentlich der Anfang, und daß wir eine Einstufung gemacht haben, war totaler Zufall. Zum damaligen Zeitpunkt hätte ich gar nicht gedacht, daß das möglich ist. Man denkt immer, das ist gar nicht möglich, und plötzlich ist es möglich. Danach kam eines zum anderen, und plötzlich war es eine Art Unternehmen. Und jetzt mußt du halt aufpassen. In der DDR ist das ja anders als im Westen, hier mußt du aufpassen, daß du nicht zuviele Gigs hast. Ich könnte ohne Probleme 20 Gigs im Monat organisieren, aber das wäre das Ende der Band, sofort. Es gibt jede Menge Bands, die machen das und reiben sich total auf und haben zum Schluß einen in der Glocke. Wenn du jeden Tag spielst, bist du nicht mehr richtig dicht. Ist doch ganz logisch, das ist das völlig umgekehrte Prinzip wie im Westen. Im Westen freust du dich, wenn du viele Konzerte machst, hier mußt du bremsen.

Mit der Einstufung hat man dann auch die Möglichkeit, an Instrumente ranzukommen?

Nein, das hat mit der Einstufung überhaupt nichts zu tun. Neuerdings kriegt man Instrumente im An- und Verkauf. Es sind jetzt komischerweise auch viele Instrumente im Umlauf. Die ganzen Tanten und Onkels im Westen haben wahrscheinlich dafür gesorgt, daß die DDR besser versorgt wird. Denn man wundert sich ja immer, wieviele Westanlagen hier sind, alle Bands haben Westanlagen. Neuerdings gibt's ja auch einen Intershop nur für Musikinstrumente.

Wie ging das mit der Einstufung vor sich?

Ein halbes Jahr lief die Band nur als Gag, und dann haben wir durch Zufall die Einstufung gemacht. Du spielst da vor einer Kommission, ungefähr 20 Minuten. Die Aktion hat auch gleich total geklappt und wir haben die Sonderstufe bekommen.

Wie seid ihr dazu gekommen, diese Platte zu machen?

Der Witz besteht bei uns darin, daß immer alles Zufall ist. Alles, was wir gemacht haben, wie die Band gegründet wurde, eine Einstufung gemacht hat und wie wir diese Platte gemacht haben, war alles immer dem Zufall überlassen, genauso wie wir in den Film gekommen sind.

Ihr hättet wahrscheinlich überhaupt nicht daran gedacht, eine Platte zu machen.

Ja, vor allem, daß die Qualität so gut wird, hätten wir nie gedacht. Wir sind ins Amiga-Studio gegangen und dachten, das wird totale Scheiße, die wollen uns als Popband abmischen, und deshalb haben wir uns gedacht, entweder das wird so gemacht, wie wir das wollen, oder wir verlassen das Studio. Und der Produzent und der Tontechniker, die haben alle mitgespielt und für die war das ein völliger Neubeginn. So eine Musik hatten die noch nie vorher gehört in ihrem Leben. Wir haben ihnen dann auch alle möglichen Bands vorgespielt, so weltweit, die ganz schrecklich klingen, und die waren ganz erschrocken, und wir haben gesagt, so ähnlich wollen wir klingen. Aber wir haben mit Absicht Bands genommen, die wirklich grauenvoll klingen, also ganz schrill und schrecklich, die Gitarren völlig übersteuert, um denen einfach mal zu zeigen, was es so gibt.

Ich frage mich, warum es in der DDR überhaupt diese Angst vor solcher Musik gibt, denn verkaufen würde sie sich auf jeden Fall.

Die haben einfach keine Ahnung davon. Der alte Rock hatte irgendwann seinen Höhepunkt und auch im Westen unheimliche Verkäufe gehabt. Puhdys, Karat... Und irgendwann war das einfach totgelaufen, irgendwann läuft sich alles ja tot, und sie konnten es nicht mehr verkaufen, sie konnten es auch in der DDR nicht mehr verkaufen. Und jetzt war einfach der Punkt gekommen, wo man sich nach was Neuem umschauen mußte. Und dieses Neue hatte sich langsam vorbereitet, aber das hatten sie nicht bemerkt. Diese Platte war das erste Experiment in diese Richtung und jetzt hat es so eine Art Welle ausgelöst.

Gab es vorher irgendwelche quasi illegalen Kassettenlabels?

Es gibt keine Labels, sondern jede Band stellt ihre eigenen Demos her, die dann beim Auftritt verkauft werden.

Wie ist der Underground überhaupt organisiert?

Man kann das nicht als Underground bezeichnen.

Ich würde sagen, Underground ist alles, was nicht offiziell Platten macht.

Im Moment sieht's ja so aus, daß fast jeder Platten machen kann. Ich kann mir vorstellen, daß in den nächsten zwei Jahren die Bands, die Lust haben, Platten zu machen, auch welche machen können. Ich weiß, daß mehrere Bands Angebote haben.

Und wie läuft das jetzt ab mit eurer Platte? Will Amiga euch nicht in der Gegend rumschicken, daß ihr sie richtig promotet?

Nein, das läuft hier ganz anders. Da muß sich jeder selbst drum kümmern.

Also die machen eine Platte mit euch, stellen die ins Regal, und damit hat es sich?

Ja, das ist üblich in der DDR. Da wird normalerweise gar nichts gemacht.

Wieviele habt ihr schon verkauft?

Weiß ich jetzt gar nicht. So 15.000 oder 20.000 werden's schon sein. Das hat jetzt auch dazu geführt, daß Amiga auch allen anderen, den Anderen Bands (lacht) die Möglichkeit gibt, Platten zu machen. Die Skeptiker sollen eine Platte machen.

Wie seid ihr überhaupt in diesen Film gekommen? Ihr in einem hochoffiziellen DEFA-Streifen.

Die hatten angefangen, den Film zu machen, und wollten ein Konzert filmen mit zwölf Bands in Schwerin, und das wurde plötzlich abgesagt. Da standen die nun, drei oder vier Kamerateams, Kräne und was weiß ich, und nun war nichts. Am nächsten Tag haben wir Maler begleitet bei der Aktionsmalerei mit Psychomusik, also wir haben noch nicht mal unser Programm gespielt. Da wir jetzt die einzigen waren, die überhaupt da waren, haben sie gesagt, okay, wir filmen euch. Danach war dann eine Party, ich habe die zu einem Konzert eingeladen, die sind gekommen, und so sind wir langsam in den Film reingerutscht. Ich bin dann sogar als Fachberater für Öffentlichkeitsarbeit beim Film engagiert gewesen, einen Monat sogar bezahlt mit 800 Mark. Paul, der Gitarrist, wurde als Regieassistent engagiert, für Schnitt und Musik. Wir haben uns ganz schön eingeklinkt in den Film, wir waren eigentlich die einzigen, die sich interessiert haben für Film, weil wir selber schon 16-mm-Filme gedreht haben. Allerdings waren wir auch sehr mißtrauisch, wir hatten uns auserbeten, daß sie uns rausschneiden, wenn uns der Film nicht gefällt.

Ihr kommt da doch am besten weg.

Wir sind auch alle verwundert, daß der Film so wurde. Wir dachten, das wird ein schrecklicher Film.

Mit den anderen Bands im Film, Silly z.B., habt ihr aber nichts zu schaffen?

Wir machen unser eigenes Ding, und unser Ding ist auch ein bißchen spezifisch, das hört man ja auch, daß wir ganz andere Musik machen.

Gibt es überhaupt so etwas wie eine Punkszene?

Es gibt eine ganze Menge Bands, aber wir sind ja überhaupt keine Punkband, wir lassen uns überhaupt nicht einordnen. Es gibt schon richtige Punkbands im herkömmlichen Sinne, wie Sperma aus Weimar.

Ich würde euch schon Punk nennen.

Das kannst du machen, wie du willst. Das sind so die Kisten, in die man geschoben wird. Da gibt es jetzt die berühmten Anderen Bands oder die Neuen Bands.

Die Neuen Bands, was soll das sein?

Die Neuen Bands sind die Anderen Bands (lacht). Unzählige Bands sind jetzt rausgekommen, gerade in Berlin. Berlin ist sowas wie das Zentrum der Neuen Bands (spricht er ganz betont aus und lacht noch lauter).

Gibt es überhaupt Auftrittsmöglichkeiten?

Massenhaft. Es gibt massenhaft Auftrittsmöglichkeiten. Die Klubs sind immer voll und es spielen auch massenhaft Bands.

Kümmerst du dich selbst um die Auftritte?

Ich versuche, immer alles voll in der Hand zu haben. Das Grundprinzip ist, autonom und völlig unabhängig zu sein bei der ganzen Geschichte. Ich finde, das ist auf der ganzen Welt so, daß man nur so überhaupt eine Chance hat. Es ist doch grauenvoll, wenn du dich in die Hände von Managern oder Plattenfirmen begibst. Das ist doch im Westen genauso. Wir planen ja eine Koproduktion zwischen Amiga und New Rose und reden auch mit Vielklang über eine gemeinsame Platte, und auf jeden Fall wehre ich mich dagegen, daß wir einen Produzenten aufgehalst bekommen, der den Sound bestimmt.

Der Auftritt auf der Lehrlingsfrühlingsfete des VEB Glühbirnen „Varna“ rückt näher, und da taucht Flake, der Keyboarder, auf.

Flake: Ich brauch Geld für Batterien, ich hab keine mehr.

Aljoscha: Was nimmst du heute für ein Gerät?

Den Kleinen.

Können wir nicht den Sampler von...

Da muß ich erst noch die Diskette machen.

Ich verstehe nicht, warum du nicht die Diskette machst. Du kannst doch nicht ewig mit dem kleinen Casio rummachen.

Der Prophet ist so weich.

Du mußt dich doch drauf einspielen.

Ich hab mir überlegt, daß es auch mit dem Kleinen geht.

Geh'n tut alles. Also, die laden gerade die Anlage ein, wir brauchen nur noch einen Gitarrenverstärker, und du holst dieses Ding.

Ich weiß nicht, wie du das heute machen willst. Wenn du Experimente machen willst, dann machen wir Experimente.

Hol doch dieses olle Ding ran, ich versteh‘ das gar nicht...

Der ist so groß und protzig.

Ist doch egal, daß der groß und protzig ist, wenn wir Aufnahmen machen, mußt du sowieso damit spielen.

Aber wenn die Leute das sehen. Das ist blöde, da steht so groß „Prophet“ drauf, das kann man doch nicht machen (allgemeines Gelächter).

Den Kleinen hat er für zehn Mark West gekauft. Mich würde mal interessieren, was bei dem Auftritt passiert, ich weiß noch nicht mal, wann das anfängt, um sechs oder um sieben? Wäre ganz gut, wenn man's wüßte.

Na dann mal rein ins Vergnügen, ins Ungewisse, aber nur nichts überstürzen, ein gutes Feeling fürs Chaos ist peppendes Vitamin B fürs Nervensystem, hier noch einen Freund abholen, da noch eine Runde Eis schlecken, und so stapft es sich unverdrossen weiter, bis am Horizont ein Industrieanlagenkomplex mit riesiger Glübirne prangt. Jetzt können uns auch die Täuschungsmanöver diverser Pförtner nicht mehr irremachen, und nach einer kleinen Orientierungsphase in der nächsten Eckkneipe schwankt die Karawane, gestärkt durch noch mehr Bier und bombensicheren Buletten, leicht beduselt ins Frühlingserwachen. Kein Zweifel, ein Haufen Punks vor einem Fabrikaufgang zeigt an, daß wir es endlich geschafft haben, und kritisch durchleuchtet dürfen wir den VEB-Glühbirnenaufpasser nebst Eisenbarriere passieren. Aljoscha meint, die Sache mit den Leuten, die nicht rein dürfen, nachher zu klären. Im obersten Stockwerk angelangt, gibt's den vollen Flashback in die allseits verhaßte Tanzschulzeit: Eine riesige Turnhalle gähnt leer und ungemütlich mit auf Zentimeter akkurat gerückten langen Tischreihen und dazugehörigen Arschhaltern als Ausdruck des unbedingten Triumphes von Sauberkeit und Ordnung, sich artig und anständig amüsieren.

Kein verfehlterer Ort als dieser ist eigentlich vorstellbar für ein Konzert von Feeling B, aber für die Band sind auch solche Auftritte kein Unikum, während wir unser Eintauchen in diese Exotik flüssig beschleunigen, um das angemessene Taktgefühl für diesen Abend auszupendeln. Was aber die Veranstalter trieb, ausgerechnet Feeling B für diese Party zu engagieren, bleibt ein Rätsel. Die rausgeputzten Jungleuchten des Betriebs erweckten jedenfalls nicht gerade den Schein des Wissens, was sie später erwartet, was aber auch seinen Reiz haben könnte, falls der Feeling-B-Funken überspringen und Sicherungen durchbrennen sollte.

Es wurde voller an den Tischen und dann auch auf dem Parkettanzboden vor der Bühne, den zwei DJs beschallten. Dumme Diskomucke serviert mit übelsten Machosprüchen, die Kastrationslüste wecken. Doch kurz vorm Umfall ins Unerträgliche kratzte sich die Stimmung langsam auf, Aljoscha schien die Sache geklärt zu haben, denn immer mehr eindeutig nicht volkseigene Gestalten hingen plötzlich in den Fluren rum, ein munter-lautes Durcheinandertrinken und -reden setzte an, ein Punk sammelte Unterschriften gegen Skins, die bis dahin aufgepropfte Zwangsvergnügungsjacke platzte mehr und mehr aus allen Nähten, und das Ganze schien nun doch einer Original-Feeling-B-Party zu werden, nach dem Motto: Wenig Takt, aber dafür viel Gefühl.

Die erste Band des Abends verschwand im Nichts, aus dem sie aufgetaucht war, und dann: Flake quäkte erste Töne aus seinem Klein-Casio, Aljoscha hing am Mikro, ran an die Drums, Gitarre von Paul schrubbereit, und ab geht's auf Eins -Zwei-Drei, kein Entkommen mehr vor dem Frühlingserwachen für dümpelnde Seelen und verkalkte Knochen. In Null komma nix wandelte sich die Leichenhalle zum Freudenhaus, mit beiden Beinen in den Lüften baumeln und das Parkett zum Schwingen bringen, der Sound ist mies, vergiß es, der Gesang kaum zu verstehen, nicht weiter tragisch, das Tempo stimmt, fegt jede Trägheit weg, die Richtung ist klar, ab durch die Mitte mit Karacho und ohne Schnörkel, Stoff, um den Körper auszutoben, das Gehirn freizublasen, das wollen wir spüren, hören - wir schon, aber die Leichen nicht: nach 15, allerhöchstens 20 Minuten abruptes Soundende, die Band hat sich nach hinten verdrückt, Diskussionen auf der Bühne, „Das war nicht vorgesehen“, quasselt einer der Kapos ins Mikro. Ein gellendes Pfeifkonzert geht unter im hektisch aufgedrehten Diskomansch, mir wird geflüstert, daß es Streß gibt und wir abhauen müssen, nix kapito, Kurzschluß, trotz Abbruch des Tanzes, Pogo interruptus, zum Frühlingserwachen das Lockerlied auf den Lippen: „Wir woll'n immer artig sein... lalalalalalala...“

Addi Zirkel & Tommi Hammer

Am 26.Mai Ostspecial im Ecstacy: Feeling B, Tina has never had a teddy bear und Die Anderen.