BKA-Wissenschaftler setzt BAW matt

■ Im Frankfurter 129a-Verfahren wegen des Renault-Anschlags revidiert Experte des Bundeskriminalamtes frühere Gutachten

Frankfurt (taz) - Im Frankfurter 129a-Prozeß wegen des Brandanschlags auf eine Niederlassung des französischen Reanault-Konzerns im hessischen Rosbach in der Nacht zum 1. März 1988 mußte die Anklagebehörde gestern eine schwere Schlappe hinnehmen. Der Sprachwissenschaftler des Bundeskriminalamtes, Ulrich Perret, revidierte frühere Gutachten. Für die bislang beispiellose Zeugeneinvernahme fertigte der Oberrat eine neue Expertise an, nach der „es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß die Autoren des Bekennerschreibens zum Renault-Anschlag auch weitere Selbstbezichtigungsschreiben verfaßt haben“. Für den Linguisten bestehen auch „keine Anhaltspunkte“, daß es sich bei den Verfassern des während des Frankfurter „Anti-Imp -Kongresses“ Anfang 1986 verteilten RAF-Kritikpapiers „Für den Kommunismus“ um die Autoren des Renault -Bekennerschreibens handelt.

Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft Michael D., Bernhard R. und dem ehemaligen Gefangenen aus der RAF, „Ali“ J. in dem Prozeß vor der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Frankfurt neben „Brandstiftung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ vor, „Mitglieder einer terroristischen Vereinigung“ zu sein. Laut Anklage soll die Vereinigung ausgerechnet den Namen des Kritikpapiers „Für den Kommunismus“ tragen. Die BAW hatte wegen angeblicher Parallelen in Bekennerschreiben zu den Anschlägen auf das Ausbildungszentrum der Deutschen Bank in Kronberg/Taunus und auf das Institut Francaise in Frankfurt im vergangenen Jahr die Aktionen dem Anklage-Konstrukt der „terroristischen Vereinigung 'Für den Kommunismus'“ um die drei Angeklagten zuordnen wollen. „Ali“ J. sollte demnach auch Mitverfasser des RAF-Kritikpapiers sein.

Der Prozeß wird am kommenden Mittwoch mit der Zeugenvernahme der Rechtsanwältin Waltraut Verleih fortgesetzt. Die BAW will die Verteidigerin von Michael D. zur „Verteilung der Broschüre 'Für den Kommunismus‘ auf dem Anti-Imp-Kongreß hören“, erklärte Bundesanwalt Leo Kouril.

M. B.