Lohnender Krach

■ Das Konzert des Monats im Römer: The Membranes Musik nicht für Lackschuhe, sondern für schwarze Stiefel

Krach muß man sich leisten können. „Die Arbeiterkids machen kommerzielle Musik, die wollen Geld verdienen.“ John Robb darf so etwas sagen, er ist schreibender Rockjournalist. Als Sänger und Gitarrist der 'Membranes‘ aus Manchester trat er auch gleich den Beweis an. Schweißüberströmt und zufrieden stieg er von der Bühne im Römer, kommerzielle Arbeitermusik hatte er nicht gerade abgeliefert.

Zugegeben, das Doppelkonzert der beiden mancunian Bands war etwas für konservative Insider, dafür präsentierten sich beide Formationen zu deutlich als Statthalter von Punk -Traditionen. Hound God, mit zwei ehemaligen Mitgliedern der Inca Babies angetreten, machte von vorneherein klar, was das Anliegen des Abends sein sollte. Ein wummernder drum -computer, ein manuelles Blechschlagzeug und ein stets präsenter Bass trieben das Quintett ständig vor sich her. Harry Stafford (git, voc) brauchte da nur noch im Verein mit Paul Morley (git) schräge Gitarrentöne beizusteuern. Das ergab punkverwurzelte Rockmuster von zeitloser, ruppiger Eleganz, Musik nicht für Lackschuhe, sondern für schwarze Stiefel. Höhepunkt ihres Vortrages war zweifellos das kompakte Beirut Hole, mit klirrenden und bratschenden Gitarren, nichts Neues, aber wohl geeignet, schlappe Gemüter in Wallung zu versetzen.

Danach ging es sogar um einiges härter und lauter zur Sache. Die Membranes boten auch nicht ge

rade innovatives Musikgut, aber doch auch sie steuerten ohne Punkt und Komma in Geradeausrichtung. John Robb hatte das Geschehen voll im Griff, kleine Pöbeleien aus dem Publikum wußte er zu kontern. „Ihr könnt selbst lauter, härter und heißer werden“, reagierte er auf die wie immer passive Menge vor der Bühne und hatte recht damit.

Was ein leibhaftiger Drummer alles aus-und anrichten kann, stellte Coofy Sid dann unter Beweis. Die Membranen aus dem Stadtteil Didsbury wirkten mit ihrer Anlage etwas treibender, knüppelnder und wilder. Als John Robb sich seines Hemdes entledigte und dies von hellen Frauenstimmen juchzend quittiert wurde, forderte er alle auf, es ihm gleichzutun. Stimmung kam auf. Nick Brown, der zweite Gitarrist, vollführte wahre Saiten-Attacken auf seinem Instrument, wider alle Haltbarkeit des Materials. Als dem Soundmixer dann zeitweilig die Bassfrequenzen entglitten, erfüllten Subschwingungen den Raum, die Gläser zum Schmelzen hätten bringen können.

Nach zwei Stunden fand ein lautes Spektakel mit sägenden Gitarren sein Ende, das nicht spektakulär, aber jederzeit unterhaltsam die Ohren beschäftigte. Wir wollen nicht übertreiben, aber das Konzert des Monats fand im Römer statt: Der Krach lohnte sich. Jürgen Franck