Asylbewerberinnen im Abseits

■ Mädchen- und Frauenprojekte werden immer häufiger mit speziellen Problemen von weiblichen Flüchtlingen konfrontiert / Es gibt kaum Hilfsangebote

„Wir haben uns gefragt, was können wir als Fachfrauen für Mädchenarbeit tun“, erklärt eine Mitarbeiterin des „Mädchenladens Wedding“. Immer häufiger würden die Mitarbeiterinnen des Arbeitskreises Interkulturelle Mädchenarbeit in letzter Zeit mit spezifischen Problemen von weiblichen Flüchtlingen und Asylbewerberinnen konfrontiert. Die Sozialarbeiterinnen stünden dann vor dem Problem, daß es für Asylbewerberinnen kaum Hilfsangebote gäbe, so eine Mitarbeiterin der Fortbildungsstätte „Haus am Rupenhorn“. In der senatseigenen Einrichtung fand letzte Woche eine Fachtagung zum Thema „Flüchtlinge in Berlin“: Zur besonderen Situation von Frauen und Mädchen“ statt, an der 23 Vertreterinnen verschiedener Projekte und Beratungsstellen teilnahmen.

„Es gibt da wunderbare Programme“, führt Birgit Fechner von der Ausländer- und Flüchtlingsberatung im Bezirksamt Schöneberg aus. „Nur leider sind die Vorbedingungen so, daß Asylbewerberinnen von vorneherein ausgeschlossen sind.“ So müssen deren Eltern in den letzten sechs Jahren mindestens drei Jahre gearbeitet haben, damit ihre Kinder Anspruch auf eine Fördermaßnahme des Arbeitsamtes haben. Wenn die Eltern jedoch als Asylbewerber unter Umständen jahrelang einem Arbeitsverbot unterlagen, haben die Kinder mithin keinen Anspruch auf staatliche Ausbildungsförderung. „Wir werden jetzt immer wieder mit den Opfern der Schulpolitik unter Laurien konfrontiert“, beklagt sich eine andere Teilnehmerin der Tagung. 1981 hatte die Senatorin die Schulpflicht für Kinder von Asylbewerbern aufgehoben. Die jungen Frauen können nun oftmals keinerlei Schulausbildung vorweisen. Für sie bleibt allenfalls die Teilnahme an sogenannten „Trainingsprogrammen“ des Arbeitsamtes. „Da haben die Mädchen nichts von“, so die einhellige Meinung, „am Schluß gibt es nur ein schönes Diplom, das nichts wert ist.“ Gefordert wurde auf der Fachtagung daher unter anderem eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes auf Bundesebene. Auch bei ungeklärtem Asylstatus müsse außerdem die Teilhabe an allem Ausbildungsmöglichkeiten gewährleistet sein.

Neben diesen generellen Benachteiligungen, die natürlich männliche Asylbewerber genauso treffen, wurden auf der Tagung vor allem frauenspezifische Problematiken der Flüchtlingssituation diskutiert. Offiziell werden geschlechtsspezifische Asylgründe weder von der Genfer Konvention noch von den bundesdeutschen Asylbehörden anerkannt. So haben Tamilenfrauen, die ihren Asylantrag mit Angst oder Flucht vor Vergewaltigungen durch singhalesische Sicherheitskräfte begründen, kaum Chancen auf Anerkennung. „Doch die Probleme liegen nicht nur im Iran oder in Uganda“, erklärt Alix Rehlinger von der Beratungsstelle Neukölln. Durch den zweijährigen Zwangsaufenthalt in Heimen für Asylbewerber seien familiäre Konflikte vorprogrammiert. Die Familien müssen oft auf engstem Raum zusammenleben. Durch das generelle Arbeitsverbot leide das männliche Selbstbewußtsein der Väter und Ehemänner. Dringend notwendig seien deshalb Zufluchts- und Krisenwohnungen für die Frauen und ihre Kinder sowie betreutes Einzelwohnen. Es müßten außerdem Mittel für juristische und psychotherapeutische Betreuung sowie für Intensiv-Deutschkurse zur Verfügung gestellt werden.

-guth