HausbesetzerInnen schlagen Zelte auf

■ Oranienstr. 192 erneut besetzt und geräumt / Baustadträtin Eichstädt will der Eigen- tümerin den Sanierungsauftrag entziehen, weil sie nicht mit den Bauarbeiten beginnt

Knapp zwei Wochen nach der Räumung der Oranienstraße 192 ist das Haus am Heinrichplatz erneut besetzt und gleich darauf wieder geräumt worden. Etwa zwei Dutzend Besetzerinnen campieren seit gestern in einem Zelt, das sie auf dem Mariannenplatz aufgeschlagen haben. Sie hatten die „O 192“ am Freitag abend in Beschlag genommen. Am Samstag früh rückte daraufhin die Polizei an. Von sechs Menschen, die sie in dem Gebäude antraf, nahm sie die Personalien auf. Weniger umtriebig ist die Eigentümerin des Hauses, die Gesellschaft Gesa. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Bezirk, hat sie immer noch nicht mit der Instandsetzung begonnen. Baustadträtin Franziska Eichstädt-Bohlig (AL-nah) hat deshalb jetzt Bausenator Nagel (SPD) aufgefordert, der Gesa den Sanierungsauftrag zu entziehen.

„Wir fordern Häuser und keine Zelte!“, erklärten die BesetzerInnen gestern, verlangten außerdem aber „Keine Räumung unseres Zeltdorfes!“ Die Polizei will letzteren Wunsch nach eigenen Angaben vorerst erfüllen. Heute wird der Bezirk entscheiden, ob er sich dem anschließt. Die BesetzerInnen wünschen Gemeinschaftsverträge für das Haus am Heinrichplatz - eine Forderung, die der Bezirk bisher abgelehnt hatte, weil das Haus für Umsetzmieter eingeplant ist. Die Besetzer Innen konterten gestern, es sei eine „Lüge“ des Senats, daß hier Umsetzwohnungen entstehen sollten. Der Senat sei Schuld am Leerstand des Gebäudes, der nun bereits fünf Jahre andauert - seit das Haus 1984 schon einmal geräumt worden war.

Eine Neu-Besetzung, die am 30.April begonnen hatte, beendete die Polizei am 8. Mai, nach dem Bausenator Nagel ein Räumungsbegehren gestellt hatte. Die Gesa hatte sich geweigert, eine Räumung zu beantragen. Gesa-Chef Stober hatte gegenüber der taz eingeräumt, er wolle die Verantwortung für die Polizeiaktion nicht übernehmen. „Wie komme ich dazu, Frau Eichstädt zu helfen“, meinte der Unternehmer. Auch am Samstag lag offenbar lediglich Nagels Räumungsantrag vor, aber kein Räumungstitel der Eigentümerin.

Baustadträtin Eichstädt schrieb jetzt an Stober, offenbar wolle er „ein politisches Kräftemessen“. Stober, so hieß es gestern im Bezirksamt, wolle offensichtlich als Mitglied von „Spekulantenkreisen“ der rot-grünen Regierung an den Karren fahren. „Stinksauer“ ist Stadträtin Eichstädt mittlerweile, weil die Bauarbeiten immer noch auf sich warten lassen.

Bausenator Nagel, so Eichstädts Wunsch, soll alle drei von der Gesa betreuten Häuser in Kreuzberg einem anderen Sanierungsträger übertragen. Neben der „O 192“ handelt es sich um die Häuser Oranienstraße 190 und Mariannenstraße 8.

hmt