Wölfersheim blieb fast DVU-frey

Nur knapp 100 Rechtsradikale fanden den Weg zur zentralen hessischen DVU-Kundgebung in der NPD-Hochburg Wölfersheim / Gegendemonstrationen in Wölfersheim und Berstadt erfolgreich / Aggressive Polizei in Berstadt  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wölfersheim (taz) - Der SS-Mann und Chef der rechtsradikalen Deutschen Volksunion (DVU), Gerhard Frey, war fassungslos: Nur knapp hundert alte und neue Neonazis wollten ihn und den Wölfersheimer NPD-Vorsitzenden Sachs in der hessischen Hochburg der „Nationalen Demokraten“ gestern sehen und hören. Kreidebleich verwies der Finanzier der braunen Bewegung auf das „Verwirrspiel“ der Behörden, die erst „in letzter Minute“ die Veranstaltung der DVU auf einem Platz im Wölfersheimer Ortsteil Berfelden genehmigt hätten. Frey: „Da warten sicher noch viele unserer Leute vor der Wetterauhalle in Wölfersheim.“

Doch auch vor der Wetterauhalle waren keine „Volksgenossen“ zu sehen. Im Gegenteil: 500 Gegendemonstranten aus den Reihen der Grünen, der Sozialdemokraten, der DKP, der Gewerkschaften und autonomer Gruppen sorgten dafür, daß es die örtlichen Nationaldemokraten vorzogen, den Sonntag zu Hause zu verbringen. „Ein voller Erfolg“, wie ein Sprecher des antifaschistischen Bündnisses vor Demonstrationsbeginn konstatierte. Faschismus sei nämlich „keine andere Meinung, sondern Terror“ (DKP).

Die für Wölfersheimer Verhältnisse - die Gemeinde hat nur rund 6.000 Einwohner - „mächtige Demonstration“ lockte auch so manche(n) BürgerIn auf die Straße, so daß die Organisatoren am Ende mit der Beteiligung der Bevölkerung „zufrieden“ waren. Ohnehin seien 95 Prozent der DemonstrantInnen aus der Wetterau gekommen. Und für „allzumenschliche Bedürfnisse“ der Protestierenden öffneten die WölfersheimerInnen auch schon einmal die Wohnungstüren.

Ganz anders sahen die Verhältnisse in Wölfersheim-Berstadt aus: Etwa hundert DemonstrantInnen aus dem autonomen Lager und noch einmal soviele Schaulustige aus dem Kaff an der Autobahn Hanau-Gießen standen den wenigen Anhängern der DVU gegenüber - dazwischen eine aggressive Einheit der hessischen Bereitschaftspolizei, die wenig sensibel auf die Situation reagierte.

Obgleich die autonomen Antifaschisten ihrem Unmut gegen den Auftrieb der Rechtsradikalen nur verbal äußerten, provozierte die Polizei die Gruppe, indem sie diese die ganze Zeit über filmte und fotografierte. Nach einer halben Stunde lautstarken Protestes gegen Gerhard Frey ließen die Autonomen dann Polizei und Neofaschisten einfach stehen, formierten sich zu einem Demonstrationszug und zogen durch den Ort.