Strompreise sind Spitze

■ Bewag-Aufsichtsrat: Strompreise dürfen steigen / Umweltsenatorin setzt teilweise „Linearisierung“ der Tarife durch / Streit um Blockheizkraftwerk in Kreuzberg

Strom wird teurer für die Berliner, doch gleichzeitig wird die Bewag künftig ihre Tarife gerechter und umweltpolitisch sinnvoller gestalten. Diese Aussicht eröffnet ein Beschluß des Bewag-Aufsichtsrates von gestern. Danach wird das Energieunternehmen ermächtigt, bei Wirtschaftssenator Mitzscherling (SPD) eine Tariferhöhung zum 1.Oktober zu beantragen. Für Haushalte sollen die Strompreise um durchschnittlich 13 Prozent steigen. Gewerblichen Großverbrauchern steht ein Preisanstieg um 9,7 Prozent ins Haus, dem Kleingewerbe eine Erhöhung um 12,3 Prozent. Gleichzeitig erwartet der Aufsichtsrat, daß der Stromkonzern „im Einvernehmen mit der Preisbehörde die Möglichkeiten einer Linearisierung der Tarife maximal ausschöpft“. Im Gegensatz zur Linearisierung gilt bislang eine weitgehende „Degression“: je mehr Strom ein Kunde verbraucht, desto billiger wird die einzelne Kilowattstunde - eine Regelung, die Energievergeudung begünstigt.

„Das ist Spitze!“ kommentierte gestern ein Mitarbeiter von Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) den Linearisierungsbeschluß des Aufsichtsrates. Schreyer, die die Linearisierung beantragt hatte, nahm gestern zusammen mit Finanzsenator Meisner (SPD) zum ersten Mal ihr Mandat als Senatsvertreterin in dem Gremium wahr. Mit unterschiedlichen Preissteigerungsraten für Groß- und Kleinkunden bleibt allerdings auch die jetzt geplante Tariferhöhung dem alten Degressionsprinzip verhaftet. Der Aufsichtsrat verwies gestern auf die Grenzen, die die alte Bundestarifordnung einer Linearisierung setzt. Bei der Strukturierung der Tarife soll doch die vorgesehene Neufassung der Bundesregelung berücksichtigt werden.

Neuer Streit zwischen der Bewag und dem Senat entzündet sich dagegen an einem in Kreuzberg geplanten Blockheizkraftwerk (BHKW). Das Werk sollte eine neue Kiezbegegnungsstätte plus Jugendzentrum in der Lindenstraße auf umweltschonende Weise mit Strom und Wärme versorgen. Gegen diesen gemeinsamen Plan des Bezirksamtes und des Bundes deutscher Pfadfinder hat die Bewag, wie gestern die AL mitteilte, ihr Veto eingelegt. Nach Ansicht des Stromkonzerns widerspricht es einem alten Konzessionsvertrag, wenn das Land Berlin selbst Strom für den Eigenbedarf erzeugt. Der AL-Abgeordnete Berger forderte den Senat gestern auf, „solchen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht“ zu beenden. Eine Sprecherin von Wirtschaftssenator Mitzscherling bekräftigte die Auffassung der Behörde, daß der Konzessionsvertrag kartellrechtlich unhaltbar sei. Das Kartellverfahren gegen die Bewag sei aber noch nicht abgeschlossen. Ihr Veto gegen ein BHKW im städtischen Krankenhaus Spandau hatte die Bewag kürzlich zurückgezogen.

hmt