Die Arabische Liga schließt die Reihen

■ Teilnahme Ägyptens prägt den Sondergipfel von Casablanca / Libanonkrieg wird Stolperstein des zweitägigen Treffens

Casablanca (afp/dpa/taz) - Zehn Jahre, nachdem die Mitgliedschaft Ägyptens von der samt dem Vollmitglied „Palästina“ 22 Staaten umfassenden Arabischen Liga wegen des Friedensvertragswerks von Camp David suspendiert worden war, hat am Sonntag Kairos Außenminister Ismat Abdel Meguid erstmalig an der Sitzung des Ministerrates der Liga teilgenommen. Die Außenminister sind mit der Vorbereitung eines außerordentlichen Gipfeltreffens beschäftigt, das heute in Casablanca beginnen wird.

Die Arabische Liga stellte ihren Mitgliedern 1987 beim Gipfeltreffen in Amman frei, ihr Verhältnis zu Ägypten zu normalisieren. Mit Ausnahme Syriens, Libyens und dem handlungsunfähigen Libanon folgten alle Araberstaaten dem Beispiel Jordaniens, das schon 1984 wieder Beziehungen zu Ägypten angeknüpft hatte. Erst wenige Tage vor Beginn des jetzigen Gipfels folgte dann eine überraschende Kehrtwende des syrischen Regimes. Staatschef Hafis el-Assad sprach den ägyptischen Präsidenten Mubarak von der Verantwortung für die Camp-David-Verträge frei und reiste am Sonntag nach Libyen, um Gaddafi doch noch zur Teilnahme am Gipfel zu überzeugen.

Die jüngst erstmals offiziell geführten Gespräche zwischen den USA und der PLO werden zu einem gewichtigen Teil auf Vermittlungsbemühungen Ägyptens zurückgeführt. Im Gegenzug hat PLO-Chef Arafat sich nachhaltig für die Reintegration Ägyptens eingesetzt.

Mit der Wiederaufnahme Ägyptens wird die Arabische Liga neues Gewicht erlangen, allerdings auch ihr politisches Gesicht verändern. Beobachter nehmen an, daß die Liga sich zukünftig auf einen weitaus pragmatischeren Kurs in der Nahost-Friedenspolitik begibt. Obwohl der Staat am Nil von erdrückender Auslandsverschuldung und wirtschaftlichen Problemen geschüttelt wird, kann er nach langer Pause nun wieder damit rechnen, eine Führungsposition innerhalb der arabischen Welt einnehmen zu können. Nicht zuletzt Ägyptens sprunghaft ansteigende Rolle als Waffenproduzent und Exporteur hat bereits in den vergangenen Jahren während des Golfkrieges zwischen Iran und Irak diesen Aufstieg eingeleitet.

Der auf zwei Tage angesetzte Gipfel soll sich mit drei die Nahostpolitik beherrschenden Themen beschäftigen: den gegenwärtig in der Sackgasse steckenden Verhandlungen zwischen Iran und Irak und dem Stand der „Palästinafrage“, in der einerseits verstärkte Unterstützung der Intifada in den besetzten Gebieten, eine gemeinsame arabische Haltung zum „Schamir-Plan“ und letztendlich die arabische Position zur „Internationalen Nahost-Konferenz“ auspalavert werden sollen. Diese beiden Themen wurden bereits von den Außenministern vordiskutiert. Dem Treffen der Staatschefs wurde das dritte und schwierigste Thema „Libanonkrise“ vorbehalten.

Nach fast drei Monaten blutiger Gefechte stehen sich dort, teils vermittelt über ihre „Stellvertretermilizen“, die beiden derzeit erbittertsten Rivalen der arabischen Welt gegenüber: Syrien, auf seiten der moslemischen „Opposition“, hält mit 35.000 bis 45.000 Mann starken Truppen rund 65 Prozent des libanesischen Territoriums unter Kontrolle, Irak setzt seit dem Waffenstillstand im Golfkrieg seine umfangreichen freigewordenen Kapazitäten in Form von Waffen, Finanzen und politischer Unterstützung auf seiten des libanesischen Christengenerals Michel Aoun und der maronitischen Minderheitsherrschaft ein.

Eine Anfang des Jahres von der Arabischen Liga eingesetzte Vermittlungskommission ist bislang kläglich gescheitert. Ein vom Vorsitzenden der Kommission, dem kuwaitischen Außenminister Ahmed al-Sabbah, ausgehandelter Waffenstillstand im Libanon konnte nur mit Einschränkungen eingehalten werden.

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