Großbrand in einer Sondermülldeponie

In einem schleswig-holsteinischen Sondermüll-Zwischenlager verbrannten 3.000 Tonnen sogenannter Siebreste / Angeblich keine giftigen Rückstände in Luft und Wasser / Gutachten steht noch aus / Lag die Brandursache in falscher Deponietechnik begründet?  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Ein Sondermüll-Zwischenlager in Jagel nahe der Stadt Schleswig ist in der Nacht zum Montag bis auf die Grundmauern abgebrannt. Etwa 3.000 Tonnen Sondermüll, überwiegend sogenannte Siebreste, fielen den Flammen zum Opfer. Starker Wind trieb übelriechende Wolken vom ostseenahen Jagel bis über die nordfriesischen Inseln in der Nordsee. Siebreste bestehen aus nicht kompostierbaren Teilen des Schleswiger Hausmülls: vor allem Plastik, nichteisenhaltige Metalle und Glasreste. Rund die Hälfte des im Schleswiger Müllkompostwerk verarbeiteten Hausmülls wird als Sondermüll aussortiert.

Obwohl bei der Verbrennung von Plastik das Ultragift Dioxin freigesetzt werden kann, sei nach Angaben von Landrat Dietrich Kamischke (CDU) keine giftige Belastung des Rauchs festgestellt worden. Auch sei kein kontaminiertes Löschwasser ins Erdreich abgeflossen.

Diese ersten Meßergebnisse, angefertigt von ABC-Zügen der Feuerwehr, werden von Kennern der Materie bezweifelt. „Wenn 3.000 Tonnen Sondermüll verbrennen und keine giftigen Gase entstehen“, ulkt etwa Günter Schlink von der Bürgerinitiative gegen die geplante Siebrestedeponie im benachbarten Süderschmedeby, „dann wäre das ja das Nonplusultra der Giftmüllentsorgung.“ Berichte von Augenzeugen erhärten die Zweifel an der amtlichen Entwarnung. So sei noch am gestrigen Spätnachmittag - an einigen Stellen flackerte noch immer offenes Feuer Löschwasser ungehindert in das offene Erdreich neben der ehemaligen Fischverarbeitungshalle geflossen. In den Bereichen, in die der Wind die Schwaden blies, wurde die Bevölkerung bis Redaktionsschluß noch aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Eine vom Kieler Umweltministerium in Auftrag gegebene Untersuchung lag gestern nachmittag noch nicht vor.

Im Umweltministerium geht man davon aus, daß die Brandursache in falscher Deponietechnik liegen könnte. In den einzelnen Müllgebinden könne es zu bakteriellen Stoffwechselvorgängen gekommen sein, die eine starke Wärmeentwicklung zur Folge haben, erklärte Ministeriumssprecher Götze der taz. Bereits Anfang Mai kam es im Zwischenlager Jagel zu einem ersten Schwelbrand; seitdem haben Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr rund um die Uhr Brandwache vor dem Zwischenlager gehalten.

Die Deponierung von Siebresten im Kreis Schleswig-Flensburg hatte in den vergangenen Jahren bereits zu harten Auseinandersetzungen geführt. Weil ein Endlager in Süderschmedeby bislang nicht durchgesetzt werden konnte, wurden die wegen Klärschlammbeimischung sehr feuchten Siebreste in der 68 mal 30 Meter großen Halle in Jagel zwischengelagert. Dort waren 4.600 Tonnen Sondermüll eingelagert - 1.600 Tonnen wurden gerettet.