co op und der liebe Gott

■ Ein Vollkorn-Warenkorb für Alkoholleichen-Tip, oder: Wie man mit A.U.G.E. voll auf den blauen Engel abfährt

Ich glaube an den blauen Engel, den allwissenden Gott ressourcenschonender Produkte, den fürsorglichen Vater umweltfreundlichen Verbraucherverhaltens und Patron aller Öko-Haushalte. Er residiert auf Waschmittelkanistern und Schuhputzdosen, schmückt Bohnerwachs und

Suppengrün. Und seine Autorität wächst mit der Zahl seiner Kritiker und der Größe der Fangemeinde. Immer mehr verlassen sich auf ihn, weil sie sonst verlassen wären. Wer schon findet sich allein im Dickicht der umweltschädlichen, umweltfreundlichen und umweltverträglichen Produkte zurecht?

Die co op Handels AG, das gewerkschaftseigene Verbrauchermarkt-Sorgenkind, hat sich eingereiht in die Gläubigergemeinde des blauen Engels, sehr ernsthaft bemüht, das angekratzte Firmenimage bio-dynamisch aufzupolieren. Gemeinsam mit anderen Unternehmen sponsorn sie derzeit die Aktion „Umweltfreundliche Haushalte 1989“, durchgeführt von AUGE, der „Aktionsgemeinschaft Umwelt'Gesundheit, Ernährung e.V.“. Über 28 Millionen Fragebögen gab man an die VerbraucherInnen aus, um Wissensstand und Handlungsbedarf bei der umweltfreundlichen Haushaltsführung abzufragen.

Die Neugier von AUGE indes war so ausufernd, daß sich Bremens Umweltsenatorin Lemke-Schulte von ihrer bereits zugesagten Schirmfrauschaft beim Landeswettbewerb zurückzog. „Datenschutzrechtliche Bedenken“ und ein Frageinteresse, daß eher als „Marktforschung für die beteiligten Sponsoren“ zu deuten war, führten zur Trennung.

Gestern präsentierte co op zwei GewinnerInnen des Wettbewerbs und prämierte sie mit einem üppigen Vollkorn -Picknickkorb. Herr Adelmann und Frau Steinmann heißen die beiden Glücklichen, die nicht nur viele Fragen beantwortet, sondern darüber hinaus so manche Öko-Tips aus dem privaten Schatzkästchen beigesteuert haben. Zum beispiel die Geschichte mit dem massenhaften Schneckensterben durch übermäßigen Alkoholgenuss. Sind ihre Stiefmütterchen mal wieder abgeknabbert, buddeln sie doch einfach eine kleine Trinkschale in die Gartenerde, füllen

sie mit Bier - Schnecken stehen total auf Bier - und entfernen dann regelmäßig die Alkoholleichen. Fertig.

Oder die Entlausung des hauseigenen Nadelgehölzes mit einem Schmierseife-Spiritus-Gemisch oder die Entkalkung des Wasserhahns mittels Essiglappen, aber ich vermute, ich erzähle Ihnen da wenig Neues. Parallel zu diesen Haushalts -Öko-Rezepten veröffentlichte co op noch eine Ausstellung in der Filiale Holsteiner Straße. Unter dem Schwerpunkt Pumpsprays wurden dort Sprühstärker, Bügelhilfe und Frischduft-Toilettenreiniger vorgestellt, alle mit dem blauen Umweltengel versehen, selbstverständlich FCKW-frei. Daß dies allesamt vollständig überflüssige Produkte sind, findet in diesem Marketingkonzept keinen Platz. So geht es dem Engel wie dem Gott. Er suggeriert bei Gebotsbefolgung ein gutes Gewissen und hält vom eigenen Nachforschen ab.

Andreas Hoetzel