Beamte ächzen unter Ökodiktat

■ Senat will von seinen Mitarbeitern Parkgebühren verlangen Der Beamtenbund spricht von gravierendem Sozialabbau

Glaubt man Egbert Jancke, dem Berliner Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes, dann ist die Ökodiktatur nicht mehr fern. Ungeheuerliches wird, fürchtet Jancke, den öffentlich Bediensteten „aufgezwungen“: Für die Benutzung senatseigener Parkplätze sollen die Behördenmitarbeiter künftig Gebühren entrichten, die so hoch sind wie der Preis der neuen BVG -Umweltkarte. Sie soll, wie berichtet, 65 Mark kosten, im Abo 50 Mark. Innensenator Pätzold (SPD), das bestätigte gestern sein Sprecher Thronicker, prüft zur Zeit, ob sich das Erheben von Parkgebühren lohnt. Am 9. Mai beauftragte der SPD/AL-Senat Pätzold, bis zum 15. Juni ein Konzept vorzulegen. Hintergrund: Das Land Berlin braucht Geld, und die Senatsmitarbeiter sollen animiert werden, vom Auto auf die umweltfreundliche BVG umzusteigen. Mit Fragebögen an die verschiedenen Behörden des Landes Berlin ermittelt die Innenbehörde jetzt, wie groß die Zahl der senatseigenen Parkplätze überhaupt ist.

Die ÖTV, die etwa 65.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Stadt vertritt, konnte der Senatsidee gestern auf Anfrage „nur Verständnis entgegenbringen“. „Wir plädieren immer für mehr Umweltschutz“, meinte ÖTV-Sprecher Ruhnke, fügte aber hinzu, daß die Personalräte bei der Neuregelung beteiligt werden müßten. Der Beamtenbund (30.000 Mitglieder) spricht dagegen von einem „Zwangskauf“ der Umweltkarte und wittert einen „gravierenden Sozialabbau“. Jancke warnte den Senat gestern, „sich nach dem Streit um 6,5 Avus-Kilometer nicht noch zusätzlich einen dauernden Zorn vergrätzter Mitarbeiter zuzuziehen“. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte, alle Polizeiangehörigen von der Regelung auszunehmen.

Bei Pätzold, dessen Image seit dem 1. Mai bei vielen (Polizei-)Beamten ohnehin angeschlagen ist, zeigten die Proteste Wirkung. Sein Sprecher Thronicker legte gestern Wert auf die Feststellung, daß Finanzsenator Meisner (SPD) die Gebührenregelung angeregt habe, nicht Pätzold. Während der Senat beschlossen hatte, „mindestens“ den Preis einer Umweltkarte zu verlangen, will Pätzold nur Gebühren „bis„ zu dieser Höhe erheben. Ob die Gebühren überhaupt erhoben werden, ließ Thronicker offen: „Ich weiß nicht, ob es sich lohnt.“ So könnten neue Haftungsansprüche auf den Senat zukommen, wenn er fürs Parken zahlen ließe. Bereits gestern versprach Pätzold in einem Brief an die Gewerkschaft der Polizei, bestimmte Gruppen von den Gebühren zu befreien. Pätzold nannte Schwerbehinderte sowie andere Mitarbeiter, die auf ihr Auto angewiesen sind.

Finanzsenator Meisner und Verkehrssenator Wagner verteidigten dagegen die Gebührenidee. Bislang, so Meisners Sprecher Brinkschulte, durften die Senatsparkplätze kostenlos benutzt werden. Das sei eine „zusätzliche Leistung“ des Senats für seine Mitarbeiter gewesen. Mit 65 Mark, so Brinkschulte, wären die neuen Parkgebühren noch „direkt billig“. In öffentlichen Parkhäusern werden den Benutzern pro Monat bis zu 140 Mark abgeknöpft. Auch ein Sprecher des Verkehrssenators bezeichnete die Gebührenregelung gestern als eine „einleuchtende Maßnahme“, die von Wagner „natürlich“ begrüßt werde.

hmt