Standort statt Standpunkt

■ Die Vernebelungstaktik der SPD in Sachen Deutsches Historisches Museum

Die derzeit von den staatstragenden Parteien gehandelten Standorte nehmen sich nichts und auch nicht die Entscheidungsverfahren der beiden beteiligten Herren: Ob Helmut Kohls Geschichtsmuseum nach dessen unumstößlichen Willen 1992 auf der multikulturellen Grill-Wiese für deutsch -türkische Wochenendvergnügungen im Tiergarten gegenüber dem Reichstag gebaut wird oder ob der Historientempel mit einiger zeitlicher Verzögerung nach einem neuen post-post -modernen Entwurf auf der ehemaligen großdeutschen Reichsstraße dem ebenso einsam sich mit sich selbst kurzschließenden SPD-Bausenator Wolfgang Nagel ein würdiges Denkmal setzen wird - selbst dem kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Uwe Lehmann -Brauns, sind diese Art von Alternativen gleich lieb, abgesehen von der zeitlichen Verzögerung, die der Pensionär in spe freilich beklagt. Mit einem Wort: die SPD und ihr hektischer Häuslebausenator lenken mit ihrer Standortdiskussion von der eigentlichen Frage ab, nämlich ob die Berliner, die Deutschen - und neuerdings werden ja sogar die Europäer herbeizitiert - ein solches nationales Identitätsinstitut brauchen oder nicht.

„Man darf den Platz vor dem Reichstag nicht Speers Schatten überlassen. Dort ein Museum zu bauen, ist die richtige Antwort auf das Ringen zwischen Republik und Größenwahn“, sagte etwa SPD-Parteilehrer Tilman Fichter, während für Wolfgang Nagel dieser Standort „Geschichte an den Stadtrand drängt“. Hinter all dieser Pseudoargumentation wird vor allem eines deutlich: die SPD will aus purer Provinzialitätsfurcht um jeden Preis in dieser ach-so -nationalen Angelegenheit mitreden. Und: vielleicht wird ja eines Tages aus dem Kohl-Museum doch noch ein Momper-, Lafontaine- oder Engholm-Museum. Für dieses große Ziel scheint sich das Kuschen vor der Partei auch zu lohnen. So hat eine der Frauen, die ja angeblich in Berlin jetzt ganz groß im Kommen sind, die SPD-Kultursenatorin Anke Martiny, persönlich Gegnerin des Museums, dazu beispielsweise kaum mehr zu sagen, als daß die SPD es eben haben will. Das soll also die versprochene „neue Politik“ sein: Sich geduldig alten Entscheidungen zu fügen.

Gabriele Riedle