Noch kein Chaos im Knast

■ Justizvollzugsbeamte halten von anstehender rot-grüner Liberalisierung der Berliner Haftbedingungen überhaupt nichts / Sie wollen Arrestzellen und Sicherheitsgruppen behalten

Unter der Überschrift „Berliner Strafvollzug zwischen Chaos, Zerschlagung und Gegenreform“ hatte der Verband der Justizvollzugsbeamten im Deutschen Beamtenbund (VdJB) gestern zur Pressekonferenz geladen. Auf die begierige Nachfrage eines Schamoni-Betonfunk-Reporters räumte der Verbandsvorsitzende Jetschmann allerdings ein, daß die Überschrift „plakativ“ sei, weil man von einem Chaos eigentlich „noch nicht“ reden könne. Eingerahmt von schweigend Beifall nickenden Kolleginnen und Kollegen übte der Landesvorsitzende des VdJB, in dem 2.100 der rund 3.000 Beamten organisiert sind, heftige Kritik an dem Strafvollzugs-Reformvorhaben des rot-grünen Senats. Jetschmann forderte unter anderem, daß die Frauenhaftanstalt in ihrer jetztigen Form erhalten bleibt, weil die Frauenkriminalität im Steigen begriffen sei. Die Arrestzellen und Sicherungsbereiche dürften nicht aufgelöst werden, weil sie zur „Beruhigung“ und „Sicherstellung“ schwieriger oder besonders gefährlicher Gefangener vonnöten seien. Der Landesvorsitzende sprach sich auch entschieden für den Erhalt der Tegeler Sicherheitstruppe aus, weil sie in „hervorragender Weise“ die Kriminalität in der Anstalt bekämpft habe. Nachdem sich der VdJB „vor drei oder vier Jahren“ auch noch gegen die 30 Beamten umfassende Spezialgruppe ausgesprochen habe, sei man inzwischen zu der Überzeugung gelangt, daß „Sicherheitsaufgaben“ und „Betreuungsarbeiten“ im „Widerspruch zueinander stünden“ und deshalb von verschiedenen Beamten gemacht werden müßten.

Hatte sich der VdJB vor dem Regierungswechsel noch darüber beschwert, daß die Beamten zunehmend zum „Schließer“ degradiert würden, weil ihnen immer mehr Verantwortung genommen werde, empörte sich der Landesvorsitzende gestern darüber, daß der neue Senat den Beamten nunmehr zuviel Verantwortung aufbürden wolle. Das „Vollzugsrisiko“ dürfe nicht einseitig zu Lasten der Beamten gehen, sondern müsse von Verwaltung und politisch Verantwortlichen mitgetragen werden.

plu