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Mit FCKW wär das nicht passiert!

■ Das Spitzenspiel FC Köln-FC Bayern soll in der Ozonwolke verschwinden

QUERSPALTE

Aus „arbeitsschutzrechtlichen Gründen“ haben die Grünen im Bundestag die Absetzung des Bundesligaspiels Köln-Bayern gefordert, weil der zulässige Ozonwert der maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK) von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Müngersdorfer Stadion überschritten werde. Eine Meldung, die einen wie ein Schlag vor den ökologischen Dumpfkopf trifft: Da gibt es in der Ödnis des Bundesliga-Gekickes einmal im Jahr ein spannendes Spiel, und prompt kommen die grünen Miesmacher und wollen es verbieten, wegen „Ozonvergiftung“. Wo wir doch von Kindesbeinen an gelernt haben, daß man im Wald tief durchatmen soll, um möglichst viel Ozon in die Lunge zu kriegen, und jeder zweite Kurort seine ozonhaltige Luft im Werbeprospekt hochleben läßt - und wo außerdem mittlerweile jede/r weiß, daß das Ozonloch nicht nur Kurbedürftige und Kinder, sondern uns alle bedroht. Und jetzt sollen auf einmal trainings- und doping-gestählte Profi-Sportler durch ein paar Ozon-Partikel zuviel akut gesundheitsgefährdet sein? Da kann doch wohl was nicht stimmen.

Und eben wollte ich schon zu einer Suada gegen den grünen Gesundheitsfanatismus ausholen und den kontraproduktiven Fundamentalismus, das Spiel abzusetzen, geißeln, um ihm eine pragmatische Deeskalationsstrategie entgegegensetzen - das Spiel findet statt, die Zuschauer werden aufgefordert, während des Spiels mit jeweils mindestens einer FCKW -haltigen Spraydose als Ozonkiller zu fungieren - da holte mich der „saubere Journalismus“ in Form eines Blicks ins „Fachlexikon Chemie“ ein: „In größeren Konzentrationen wirkt Ozon verätzend auf die Schleimhäute der Atmungsorgane. Niedere Lebewesen werden von Ozon zerstört.“

Das klärt natürlich vieles auf: Zum einen, warum die alte Tante nach vier Wochen Waldspaziergang im Luftkurort so keuchend und ächzend zurückkam, wie sie abgereist war, und zum anderen, daß die Grünen recht haben mit ihrer Warnung vor Freiluftwettkämpfen. Und nicht nur das, sie nehmen es auch mit ihrer programmatischen Forderung einer „Multikultur“ ernst: selbst die fürchterlichen Lederhosen -Träger des FC Bayern werden nicht ausgegrenzt, sondern sollen als schützenswerte Art wie jedes andere „niedere Lebewesen“ vor den Unbilden des Ozons bewahrt werden. Damit zeigt die Partei der Erniedrigten und Entrechteten, daß sie auch für Siegertypen wie die Münchner Captagon-Kicker ein Herz hat und zudem das föderale Gleichgewicht der BRD im Auge. Denn wenn schon Franz- Josef in der Gruft verschwunden, Gauweiler entsorgt und die WAA auf den Müllhaufen der Geschichte gewandert ist, die Stimmung im Freistaat kann nur eins retten: die Bayern werden Fußballmeister.

Mathias Bröckers

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