„Kultur und Widerstand“

■ Der 13. Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen in Hamburg eröffnet sich ein neues Themenspektrum

Hamburg (taz) - Ein ungewöhnliches Motto hat sich der gestern in Hamburg eröffnete 13. Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) ausgewählt: „Kultur und Widerstand“. Denn bislang arbeitete der BUKO, ein Zusammenschluß von rund 300 bundesdeutschen Dritte-Welt -Intitiativen, vor allem zu Themen wie Verschuldung, multinationale Konzerne und IWF. Doch, so Ralf Claasen vom Hamburger „Kulturbüro 3.Welt“, „das Thema Kultur ist längst überfällig“.

„Das Thema Kultur wurde bei uns, auch und gerade innerhalb der Solibewegung, nur als notwendiges 'Nachtprogramm‘ wahrgenommen. Ansonsten waren die Menschen des Trikonts vor allem Katastrophen- und Kriegsopfer“, so heißt es auch in einer Programmankündigung des BUKO. „Übersehen wurde dabei bisher die vitale kulturelle Kraft und Kreativität, die sich aus dem Widerstand gegen wirtschaftliche und militärische Unterwerfung entwickelt haben... Das Defizit in der Auseinandersetzung mit den Menschen im Trikont setzt sich fort im Umgang der Linken mit der Kultur und besonders dem kulturellen Leben hier in der BRD. Kultur und Politik haben nichts miteinander zu tun; Kultur und Widerstand erst recht nicht. Ein Ergebnis dieses Mankos ist die festzustellende Phantasielosigkeit in den Aktionen des Widerstands, die Kommunikationsunfähigkeit mit den Menschen außerhalb der Szene.“

Das Ziel des Kongresses sei, so Claasen, zu ergründen, welche Funktion Herrschaftskultur und emanzipative Kultur hier und im Trikont einnähmen. Seine Zielvorstellung: „Emanzipative Kultur heißt auch hier immer Widerstand.“ Den rund 400 KongreßteilnehmerInnen werden über 20 Arbeitsgruppen angeboten: Die AG „Sprache und Herrschaft“ beispielsweise will mit Unterstützung einer Autorin aus Grenada die Kolonialisierung von Sprache untersuchen; „Kulturelle Invasion durch Entwicklungshilfe und Soliarbeit?“ fragt eine andere.

Am Samstag sind phantasievolle Aktionen im Stadtgebiet“ vorgesehen, abends spielt die palästinensische Theatergruppe „El Hakawati“. Zu gleicher Zeit wird der Schriftsteller Mauricio Rosencof, der als Mitglied der Tupamaros in Uruguay elfeinhalb Jahre in Isolationshaft saß, in der Altonaer Fabrik einen Vortrag über „Kultur und Mittel zur Wahrung der politischen Identität“ halten. Ingrid Strobl wurde dazu ebenfalls eingeladen, da sie aber dafür nicht freigelassen wird, werden Texte von ihr verlesen. Am Sonntag wird der Kongreß mit einem Vortrag des kolumbianischen Indianerführers und Koordinators der Gegenaktivitäten zur 500-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas, Binigdi Abadio Green, zu Ende gehen.

Ute Scheub