D H M - K o n z e p t i o n , S t a n d o r t o d e r w a s ?

 ■  Gastkolumne von Wulf Eichstädt

Es ist von Anfang an ein Fehler gewesen, daß die rot-grünen Koalitionsvereinbarungen das Deutsche Historische Museum nur unter dem Stichwort Stadtentwicklung und räumliche Planung behandelt und sich im kulturpolitischen Teil jede Auseinandersetzung erspart haben. Die SPD glaubt deshalb, die Konzeptionsdebatte beiseite drängen zu können, obwohl auch sie hier Nachholbedarf hat.

Was erwartet man denn? Werden zum Beispiel Themen wie „Wirtschaftsstrategien des Nationalsozialismus für Osteuropa“ oder „Protagonisten der Kriegswirtschaft im Wilhelminismus“ oder „Der Arzt- und Juristenstaat im 3. Reich“ Themen des DHM-Konzeptes sein? Wenn solche Bereiche ernsthaft behandelt werden, wird man zum Museum nicht „Nein“ sagen können. Bleibt die Frage, braucht man dazu einen Geschichtspalast oder etwas anderes?

Die konzeptionelle Alternative wäre: Der Bund bringt seine 400 Millionen in eine Stiftung ein, die von den 20 Millionen Mark Zinsen pro Jahr einen Teil für Forschung und Dokumentation, einen Teil für Ausstellungen und Seminare und einen Teil für geeignete Baumaßnahmen abgibt - für ein großes internationales Geschichtsforum wäre das viel Geld, mit dem viel gute Arbeit geleistet werden könnte.

Palast oder Werkstatt? Fragen wir doch einmal anders herum: „Wie protzig darf man oder wie betroffen muß man mit der deutschen Geschichte umgehen?“ Es kann gar keinen Zweifel daran geben, daß sich die Linken in und außerhalb der rot -grünen Parteien mit Händen und Füßen gegen jedes Konzept wehren müssen, das auch nur im Entferntesten nach dem hohlen Pathos von Palästen riecht.

Museum und Stadt? Nagels Versuch, das Museum zurück in die Stadt zu holen und es damit in die Nüchternheit städtischen Lebens einzubinden, ist nicht nur geschickt, sondern zeigt auch in eine richtige Richtung. Interessant war auch hier, was der Gründungsdirektor zu diesem Ausspruch, der auch von der Gruppe „Perspektive Berlin“ engagiert vertreten wird, anzubieten hat. Er sagte schlicht: Er wolle den besten Standort und den habe er gefunden, aber die Einbindung in die Stadt interessiere ihn nicht. Sein Museum sei ein überlokales Ereignis, das von Menschen aus aller Herren Länder aufgesucht werde, die notfalls auch ohne U -Bahnanschluß ihr Ziel erreichen. Ob daneben auch ein paar Berliner, en passant, die Lust und den Drang verspüren, diesem hohen Haus einen Besuch abzustatten, sei weniger wichtig. Übrigens sei dies bei den Museen in Washington den Pilgerstätten der Amerikaner - ganz genau so!

Vielleicht muß die fällige Diskussion über Konzeption und Standort doch noch um das Thema „Gründungsdirektor“ erweitert werden.

Wulf Eichstädt ist freischaffender Stadtplaner