Ermutigung: Liebe Dich selbst!

■ Kirchlicher Trost für Nur-Hausfrauen, Unverheiratete und Kinderlose

Genau fünf Frauen, ein Mann, der Organist und die taz -Reporterin waren gestern in die Kapelle des St.-Joseph -Stifts gekommen. Trost für Pastor Klebe: Auf Klinikflure und in die Krankenzimmer wird sein Gottesdienst übertragen. Und diesen so naheliegenden Aufhänger ließ sich der Pastor denn auch nicht entgehen: „Nicht leicht bei diesem Wetter“ sei es, das Krankenhaus aufsuchen zu müssen. Das stimmte. Draußen blühten prachtvolle Schwachhauser Rhododrendron -Hecken. Und wir sangen drinnen „Die güldne So-hon-ne“, ein schönes wie sinnfällig passendes Lied von Paul Gerhard: „Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder / a -ber nun steh‘ ich, bin munter und fröhlich / Schaue den Himmel mit meinem Gesicht.“ Die Lichtstrahlen scheiterten derweil an den doppelten blaßstaubigen Glasflächen zur Straßenseite hin und vorn, bei den drei alten dunkelbunten Kapellen-Fenstern, drang Licht nur da spärlich durch, wo helleres Glas für Heiligenscheine, Engelsflügel und das Jesukind mutmaßlich absichtlich verwendet worden war.

Die Predigt-Idee war sympathisch: Da hatte doch Jesus auf die Frage, was denn das höchste Gebot sei (Matthäus 22, 34ff), doppelt geantwortet: den Herrn solle man lieben von ganzem Herzen - und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“ Und gestern ging es nun mal nicht wie so oft darum, wer alles „Der Nächste“ sei und daß im Zweifel auch Heiden, Aussiedler, Kranke und Feinde dazugehören. Hier ging es dem Pastor Klebe „in bewußter Einseitigkeit“ um das „Wie dich selbst“. Er fragte mit einem Sartre-Zitat: „Wie soll ich lieben, da ich mich selbst nicht liebhaben kann?“

Wer sich selbst verachtet, macht sich und die anderen unglücklich. Wer sich nicht leiden kann, wer sich als VersagerIn fühlt, wer sich selbst die Annahme verweigert bleibt unerlöst, nimmt alles persönlich statt sachlich, sieht sich stets benachteiligt, übervorteilt - „Arme, die doch reich sein könnten!“

Die Beispiele blieben dem Sachverhalt bedauerlich äußerlich: Daß „die Werbung“ mit Kleidung, Kosmetik, Reisen und Besitz einen Standard suggeriere, den nicht zu erreichen Selbstzweifel auslöse; daß willkürliche Schönheitsideale wie „gertenschlank oder füllig“ manche da Nebengeratenen in Resignation oder Hysterie trieben. Damit nicht genug bewegte sich die Predigt dann hart am Rand der „Reichtum-macht -auch-nicht-glücklich„-Weisheit: „Wenn wir ganz ehrlich sind“, fand der Pastor, „wird man nicht alle Unterschiede zwischen den Menschen je ganz beseitigen können.“ Aber daß immer wieder einige reicher, intelligenter, wichtiger, schöner als andere sein wollen und andere dann zum Aggressionsobjekt ihres Selbst-Hasses machen, das müsse nicht sein: Auch „Unverheiratete, Nur-Hausfrauen, Kinderlose“ hätten keinen Grund zur Selbstablehnung. Denn damit könne seit Jesu Liebes-Ermutigung „wie Dich selbst“ Schluß sein, zugunsten der „Freiheit, andere zu lieben!“ Wie das aber nicht nur zu wollen sondern auch zu machen sei, blieb offen. Apropos Selbstliebe: Den Abendmahl-Wein gab es im Aids-Zeitalter für die fünf Menschen aus fünf winzigen eierbecherkleinen Pokalen: Safety first. Susanne Paa