Standbild: Mädels, laßt die Finger von den Priestern!

■ "Sie nennen mich Priesterhure"

(„Sie nennen mich Priesterhure“, in der Reihe „Gott und die Welt“, Freitag, 26.Mai, 21.55 Uhr, ARD) Schwangere Frau in reiferen Jahren wird von den Eltern verstoßen, von den FreundInnen im Stich gelassen, verliert ihren Job, muß ihre Wohnung verlassen, um der gesellschaftlichen Hetze auszuweichen und schleppt sich nun von Absteige zu Absteige. In den meisten darf sie nicht einmal den Flur benutzen.

Warum? Der Kindzeuger ist ein Priester im Amt!

Was sich anhört wie der Klappentext eines billigen Romans, verkauft Gernot Schley in seinem Film als eines von drei authentischen Frauenschicksalen, die von Schauspielerinnen nachgestellt werden.

Gesellschaftlich als „Priesterhuren“ verschrien, sind sie aufopferungsvolle Geliebte, die sich mit einem Schattendasein abfinden und reumütig der Gemeinde den Rücken kehren. Dafür, daß sie gerade noch die Kraft haben, sich gegen eine Abtreibung zu entscheiden, würde Schley ihnen zwar am liebsten das goldene Mutterkreuz in diamantener Schatulle überreichen, doch daß in solchen Fällen sogar kirchliche Beratungsstellen oder der geistliche Vater selbst zu einem Schwangerschaftsabbruch raten, interessiert ihn nicht weiter. Hier hätte er einhaken und die Vierfachmoral der Kirche aufdecken sollen. Statt dessen Larmoyanz.

Wirkliche Kritik am Papst, der keine Laisierungen mehr genehmigt, und am Pflichtzölibat üben nur Frauen, die sich in ähnlicher Situation zu einer Selbsthilfegruppe zusammengeschlossen haben. Hier, in den kurzen Interviewsequenzen, ist sie endlich: die Wut, die Bitterkeit und die Anklage.

Doch solche Initiative gibt es in den Fallbeispielen nicht. Dort ist die ganze Welt schlecht. Schley läßt die Frauen langsam durch Wald und Flur schleichen und Selbstzerfleischungen murmeln. So manche Passage ist in dieser Form wohl erst am Schneidetisch entstanden. Der Untertitel „Frauen brechen ein Tabu“ kann im Kontext des Films nur so verstanden werden, daß auch Schley nicht daran glaubt, der priesterliche Mann könne den ersten Schritt zur Intimbeziehung getan haben. Keine Frage: Es gibt den Haß gegen Preistergeliebte, gegen Frauen, die ihre Liebe in Einsamkeit und Verzweiflung stürzt, es gibt die gesellschaftliche und kirchlich-staatliche Sanktionierung und es kann nicht drastisch genug gezeigt werden. Aber die Frage ist doch, welche Konsequenzen man in einem solchen Film daraus zieht.

Die Quintessenz bei Schley scheint eine Warnung an alle Frauen zu sein: Laßt die Finger von den Priestern, Mädels, sonst geht es euch und euren Kindern wie der Puppe, die am Ende des Films zerbrochen auf dem Acker liegt.

Petra Kohse