Das Ende der „Farce de Frappe“ Atomkooperation mit USA enthüllt

Washington/Berlin (ap/taz) - Einer der hartnäckigsten Mythen in Frankreichs Selbstverständnis, die Atomstreitmacht made in France, ist zusammengebrochen: seit 15 Jahren haben die USA das Nicht-Nato-Mitglied Frankreich bei der Entwicklung seiner Atomstreitmacht unterstützt. Wie Richard Ullman, Politik-Professor in Princeton, in der gestrigen Ausgabe der 'Foreign Policy‘ ausführte, gaben die USA vor allem Know-How für die Verkleinerung von Sprengköpfen und deren Schutz vor elektromagnetischer Strahlung weiter. Nur so sei es Frankreich möglich gewesen, Mehrfachsprengköpfe zu bauen. Darüber hinaus sei Frankreichs „Force de Frappe“ auch strategisch enger in die Nato-Abschreckungsdoktrin eingebunden, als bislang vermutet war. So wurden Insider -Tips über die Lücken in der sowjetischen Abwehr ebenso nach Paris geschickt wie Angaben über die genauen Atomschlagsziele der Nato: Ein gleichzeitiger Angriff von französischen und amerikanischen Atomraketen auf gleiche Ziele sollte so vermieden werden. Ullman will bei seinen Gesprächen mit amerikanischen und französischen Funktionsträgern auch erfahren haben, daß Frankreich seine konventionellen Streitkräfte in der BRD im Krisenfall der Nato unterstellen werde.

Inzwischen wurde vom Pentagon und vom Pariser Verteidigungsministerium bestätigt, daß es seit 1972 Absprachen und Technikertreffen zwischen beiden Ländern gegeben hat. Unter Präsident Mitterrand sei die Zusammenarbeit durch ein Abkommen von 1985 dahingehend erweitert worden, daß auch Geheimmaterial ausgetauscht werden könne. Entgegen Ullmans Einschätzung erklärte das Pentagon gestern, der Datenaustausch verstoße nicht gegen US -amerikanisches Recht. Das Austauschprogramm habe sich nicht auf Atomwaffen, Teile von Waffen und spaltbares Material erstreckt.

Frankreich, das aus seiner nuklearen Autonomie stets eine Frage nationaler Identität gemacht hat, beeilte sich zu unterstreichen, daß die französische Bombe „in keiner Weise“ von ausländischer Technologie abhängig sei und Frankreichs Entscheidungsfreiheit über den Atomeinsatz durch die Absprachen nicht eingeschränkt werde.

smo