Geheime möchten geheim bleiben

■ Anhörung des Innenausschusses zum neuen Verfassungssschutzgesetz / Durch Öffentlichkeit und Kontrolle seien die Arbeit und die Quellen des Verfassungsschutz gefährdet, meinen die angehörten Experten

Auf Antrag der oppositionellen CDU kam es in der gestrigen Sitzung des Innenausschusses zu einer „Expertenanhörung“ über den von der Regierungskoalition eingebrachten Gesetzentwurf zur besseren Kontrolle des Berliner Verfassungsschutzes. Das neue Gesetz soll die bisherige Kontrollpraxis durch ein fünfköpfiges Parlamentariergremium, die PKK, abschaffen. Statt dessen soll ein ständig tagender Ausschuß, in dem alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses entsprechend ihrer Fraktionsstärke vertreten sind, das Amt kontrollieren. Die Sitzungen des Ausschusses sollen nach dem neuen Gesetz grundsätzlich öffentlich sein, zudem soll es die Rechte eines Untersuchungsausschusses erhalten.

Zur Anhörung angereist waren hochkarätige Vertreter der Geheimdienstbranche, die mehrheitlich „große Bedenken“ gegen das rot-grüne Gesetzesvorhaben anmeldeten. Für das neue Gesetz sprach sich allerdings der frisch gekürte Leiter des Berliner Amtes Schenk aus. Er machte geltend, daß eine parlamentarische Kontrolle notwendig sei und keinesfalls zur Offenlegung dessen führen muß, was „geheim bleiben soll“. Unterstützt wurde Schenk vom Vizepräsidenten des Bremer Verfassungsschutzes Jachmann. Er vertrat die Ansicht, daß die PKK sich nicht als „wirksames Kontrollinstrument erwiesen habe, zumal die PKK-Mitglieder wegen der generellen Geheimhaltungspflicht die Abgeordneten über keinen Vorgang im Amt unterrichten dürfen“. Zudem, so Jachmann, „stammen 90 Prozent der Erkenntnisse der Behörde aus öffentlich zugänglichen Quellen“. Daher sei es unsinnig, „an dem Geheimdienstimage des Verfassungsschutzes festzuhalten“.

Ganz anders sahen das seine Kollegen aus den anderen Bundesländern. Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Dr. Frisch monierte vor allem, daß der „Quellenschutz“ und der „Nachrichtenzufluß“ gefährdet seien, wenn der Ausschuß öffentlich tage. Es müsse gewährleistet sein, „daß die öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann“. Ansonsten, so drohte Dr. Frisch, „kann es Probleme mit anderen Dienststellen geben, die dann die Zusammenarbeit mit dem Berliner Amt in Frage stellen“. In die gleiche Kerbe haute auch der ehemalige Präsident des Hamburger Verfassungsschutzes Horchem: „Der Berliner Verfassungsschutz hat sich immer dadurch ausgezeichnet, daß er gut placierte Quellen im Bereich des internationalen Terrorismus hatte. Diese Quellen sind jetzt gefährdet.“

Der CDU-Abgeordnete Wienhold richtete die eindringliche „Bitte“ an die Regierungskoalition, den Gesetzentwurf noch einmal zu überdenken. Das ist geschehen. Entgegen dem ersten Entwurf ist die Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit wesentlich restriktiver gefaßt: „Die Öffentlichkeit wird durch einen Beschluß des Ausschusses ausgeschlossen, wenn das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dies gebieten. Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.“

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