■ K U N S T L I C H T

Es tue sich Bedeutsames in Bremen, raunt es überall in der Kunstszene: Galeristen, Künstler, Funktionäre weisen bedeutsam auf die Frankfurtisierung der Hansestadt, und obwohl doch alle ABM-Tropf-abhängigen Unternehmungen Sack & Asche tragen, schreibt die gültige Kleiderordnung derzeit das Tragen von feinem Optimismus vor.

„Bremen als Kunstplatz wird immer interessanter“, findet auch der Galerist Rolf Ohse, der sein Ohr schon seit über zwanzig Jahren im Bremer Kunstgeschehen hat. Bis zum Wochenende zeigt er noch in der Contrescarpe 36 die kleinformatigen Collagen von Karl Bormann (60), sparsame Inszenierungen von Fundstücken, die durch früheren Gebrauch mit Bedeutung aufgeladen sind: Notizzettel, Tütchen, Landkarten, Brieffragmente. „Ein Bild muß Lust auf die Welt machen, aber es muß die Lust nicht befriedigen ... Das Bild müßte sich im Betrachter bilden.„(K.B.)

Man muß schon bewußt wegsehen, um nicht reingezogen zu werden - die Galerie Gruppe Grün ist voller Yves-Klein-Blau, einem magisch-subcutanen Farbpigment, das dort zuhauf den Boden bedeckt. Bis Freitag kann man noch die Spuren einer Östlich-westlichen Heilperformance ansehen und sich von zwei weißen Kaninchen und der Koreanerin Hyesook erzählen lassen, deren exzessive Großformate („Mein Pinsel ist mein Körper“) an den Wänden hängen (Fedelhören 32).

Collagen als Lockerungsübungen benutzte Jochen Fischer(35), der sonst Schwerarbeit als Bildhauer in seiner Duisburger Ex -Mannesmann-Halle leistet. Dort schleppt er Trouvaillen vom Firmengelände zusammen und baut raumgreifend massive Skulpturen, z.B. „Drehtor“, Dielen, zersägt, 16000,-. Collagen wie Skulpturen zeigt die Galerie Beim Steinernen Kreuz 1 bis zum 16.Juni; die dicksten Brocken des Künstlers konnten leider aus statischen Gründen nicht ausgestellt werden.

Ein offenes Atelier bedeutet auch immer die leise Hoffnung, das Galeriewesen umgehen zu können. Bernd Müller (Maler) und Robert van der Laar (Bildhauer) haben viel Geld und Arbeit in eine alte Halle in der Feldstraße gesteckt, wo sie leben, arbeiten, ausstellen, veranstalten und besucht werden wollen. Einweihung: Samstag, 3.6., 20 Uhr, Feldstr.13 Hinterhof.

Wer Lust hat, beim Herforder eine dezidierte Meinung zum erweiterten Kunstbegriff zu diskutieren, setzt sich ins Batumi; der Wirt hat Originale von Tilmann Rothermel an der Wand hängen, dessen treuer Fan er ist. Er kann auch den Weg zum Künstler selbst weisen, der im Hof unter seinem eigenen Atelier eine VHS-Filiale eingerichtet hat: Malen lernen nach Feierabend. Die Ergebnisse des letzten Kurses „Abstraktion statt Figur“ hängen und sehen aus, als hätte die Arbeit Spaß gemacht. Wer ansteckender als Tilmann lachen kann, dem zeigt er auch mal seine eigenen Bilder eine Etage höher (Am Schwarzen Meer 119).

Wenn die Hausnummer von 9 bis 17 reicht, handelt es sich selbst in Walle um ein größeres Projekt. Und auch 35 laufende Hängemeter sind nicht von Pappe. Wo seinerzeit Käse erzeugt wurde, soll jetzt Kultur rauskommen. Die Rede ist vom neuen Domizil der Galerie des Westens in der Reuterstraße neben dem Kairo. Bilder und Skulpturen, Bühne drinnen und draußen, Lesungen und Sonntags Kaffee: Viel Westwind aus Walle. Am 3. Juni wird ab 17 Uhr eröffnet mit Tanz, Eros, Operette und Fete. Dann kann man ja auch die skandalumtobten erotischen Bilder vonFranzisco Mejia sehen, der sich immerfort auf der Suche nach „Sinnlichkeit und Heiligkeit im Körper“ befindet und dabei ungewöhnliche Wege beschreitet - „Mehr malen mit Samen, statt mit Terpentin“. b