Polizei: zurück nach vorn & oben!

■ CDU-Hearing zur „Neustrukturierung der Bereitschaftspolizei“ / Maulkorb vom Innensenator

Interessant war, wer nicht hatte kommen und reden dürfen zum öffentlichen Hearing der CDU: „Gezielte Kriminalitätsbekämpfung durch Neustrukturierung der Bereitschaftspolizei“. Die Leiter von Schutzpolizei (Schupo), Bereitschaftspolizei (Bepo), Kriminalpolizei (Kripo) und der Ortspolizei Bremerhaven waren zwar als Referenten eingeladen worden. Im Antwortbrief an die CDU schrieb jedoch Innensenator Peter Sakuth zurück, nur der ebenfalls geladene oberste Polizeichef Rolf Lüken würde erscheinen - „weil er der kompetente Ansprechpartner für alle Bereiche ist“, sagte lapidar auf taz-Anfrage die Pressestelle. Was die Chefs der Polizeisparten so öffentlich nicht sagen durften, legten dann Vertreter der Polizeigewerkschaft (GdP), von Schupo-und Bepo-Personalrat und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einer Handvoll CDU'lern ganz ohne Publikum dar.

Das Thema des Hearings hätte auch „Rück-Strukturierung“ der Bereitschaftspolizei heißen können. In ihrer Diskussionsvorlage hatten die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Ralf Borttscheller und Wedige von der Schulenburg eine Rückbesinnung auf „eigent

liche“ Aufgaben und Mannschaftsstärken der Bepo vorgenommen: Während die (kommunalen) Schupos auf ihren Revieren in der Stadt den normalen Polizeialltag bewältigen sollen, sei die (dem Land unterstellte) Bepo eigentlich dazu da, „an Brennpunkten der Kriminalität und bei Sonderaufgaben, zum Beispiel Großereignissen“ tätig zu werden.

Die Wirklichkeit, fand - außer dem Polizeipräsidenten - die gesamte Referentenherren-Riege, sehe anders aus. Einhelliger Tenor der (sozialdemokratischen) Polizei-Referenten: Polizeibeamte sitzen sogar an Sperrmüll-Schreibtischen vor fleckigen Wänden, kriegen selten bis nie zusammenhängenden Urlaub, schieben bis zur Pensionsgrenze Schichtdienst, prügeln sich mit 200 Mann um fünf freigewordene Stellen im gehobenen Dienst. „16 Mannjahre“, nämlich 28.000 Überstunden, schiebt die Kripo vor sich her. 580 Akten liegen im 8. Betrugs-Kommissariat unbearbeitet rum, 160 kommen monatlich dazu. Wegen der ABM-Nöte werde es bei der Abteilung Wirtschafts-Kriminalität bald ähnlich sein.

Hans Schulz, Bremer Vorsit

zender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der seine „Verbündeten bei SPD, FDP und CDU, nicht aber bei den Grünen suchen“ wollte, prophezeite: qualifizierte Bewerber für den Polizeiberuf werde man demnächst „mit dem Lasso einfangen“ müssen. Die jährlich vorgesehenen 32 Neueinstellungen seien ein Hohn, die für 1990 vorgezogenen 64 neuen Stellen - mit der Hoffnung auf Aufstockung auch in 91 - „die unterste Zielvorgabe“.

Der Mann des Innensenators, Rolf Lüken, („Ich habe politische Entscheidungen nicht zu kommentieren, sondern hinzunehmen“) war natürlich auch nicht gegen mehr Personal, aber für eine „Modernisierung“ der Bepo mit Auflösung der „Pionier„-Einheiten wie Aufklärungs- und Fernmeldezug. Und natürlich gebe es immer noch genug Leute, die einen Wasserwerfer auch bedienen könnten - und dazu die sichere Amtshilfe der Nachbarländer - „wenn es hier zu einer DVU-Demonstration und einer haarigen Gegendemo kommt“. Die Amtshilfe für die Räumung der Hamburger Hafenstraße hatte Bremen, polizeilich mit dem Stadtfest beschäftigt, am Wochenende gerade absagen

müssen.

Wie kann man als CDU und als Polizei am besten für mehr Polizei werben? Mit der „katastrophenmäßigen“ Situation für die einzelnen überbelasteten Beamten, mit der Vision von immer mehr Gewalt, Rauschgift (durch den EG-Markt), Einbrüche und Alltags-Gefahr - also mit der nachhaltig beschworenen CDU-Formel vom Verlust der „inneren Sicherheit“. Dem gesetzlichen Auftrag der Bepo, Gefahren von der freiheitlich demokratischen Grundordnung abzuwehren, werde sie als de-facto-Streifendienst nicht gerecht.

Albert Marken von der GdP Bremerhaven warnte zusammen mit GdP-Landeschef Schulz davor, „daß die Polizei bei derart mieser Versorgung, Ausstattung und Perspektive nach rechts also zu den Republikanern abwandert“. Das wollen gerade auch die CDU'ler ganz und gar nicht, die für deutlich mehr Polizei kämpfen wollen: Für 669 statt jetzt gut 400 Bepos, Schluß mit der Flughafen-Personenkontrolle durch uniformierte Polizei, „Präventiv-Streifen“ in Fußgängerzonen, Grünanlagen, Wohngebieten, mehr Fahndungen und Razzien.

S.P.