: Altermann oder: Viel Freude über rechte Dummheit
■ Die Junge Union hat zum ersten Male den Bremer DVU-Vertreter Altermann zu einer Podiumsdiskussion eingeladen / SPD kam nicht
„Den laden wir öfter ein. Das ist ja herrlich.“ Zwei Frauen im Zuhörerraum haben sich köstlich amüsiert. Und auch ein Mitglied der veranstaltenden Jungen Union ist sich sicher: Wenn es gelingt, größere Öffentlichkeit für solche Diskussionsrunden herzustellen, dann hat sich das bald erledigt, das Problem mit den Rechtsradikalen, mit DVU, NPD oder Republikanern.
Premiere in Bremen: Zum ersten Mal war die DVU zu einer Podiumsdiskussion geladen worden. Die Angestelltenkammer hatte für die JU-Veranstaltung „Rechtsextremismus im Aufwind“ Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, und bis auf den geladenen SPD-Abgeordneten Horst Isola, der nicht mit Rechtsextremisten diskutieren mochte, waren alle gekommen: Der Grüne Vorständler Thomas Krämer-Badoni, CDU -Fraktionsvize Günter Klein, FDP-Innenpolitiker Friedrich van Nispen, JU-Vorsitzender Jens Eckhoff und, zum Vorführen, der DVU-Abgeordnete Hans Altermann aus dem Krankenbett in Bremerhaven.
Ein augenscheinlich schwerkranker Mann, unfähig, zwei in sich logische Sätze nacheinander zu formulieren, ein Mann, der um seine Unfähigkeit weiß und diese mit mangelnder Vorbereitung und diese wiederum mit Krankeit entschuldigt. Eigentlich sollte ein Europakandidat aus München eingeflogen werden, da der aber sein Flugzeug verpaßt hatte, klingelte die DVU-Führung kurzfristigst Altermann aus dem Krankenbett. Und der tat, was die Veranstalter von ihm erwarteten, und blamierte sich kräftig. Nicht einmal die rund 15köpfige DVU -Gefolgschaft, alte und junge Männer, fand ein einziges Mal Grund zu applaudieren.
„Herr Altermann, welche Konsequenzen hat ihre Partei aus dem zunehmenden Rechtsextremismus gezogen“, will Diskussionsleiter Klaus Stieringer einleitend wissen. Worauf dem Befragten schier gar nichts mehr einfällt. Und warum werden DVU und NPD zum Beispiel in der hessischen Kleinstadt Wölfersheim, in der es keine nennenswerten sozialen Probleme gibt,
von 16 Prozent gewählt? „Ich versteh das auch nicht“, sagt Altermann. In Frankfurt, ja, aber Wölfersheim... „Sie wünschen sicherlich eine nationalere Politik“, souffliert ein DVU'ler, derweil ein anderer fleißig seinen Video -Rekorder betätigt, um das ungewöhnliche Diskussionsspektakel für die Parteiwelt zu dokumentieren. Filmt und filmt, bis JU-Mann Eckhoff dagegen protestiert, hier möglicherweise für einen DVU-Werbefilm abgelichtet zu werden. „Ihr Wunsch ist mir Befehl“, sagt der Filmer und stellt den Videorecorder weg.
„Einfache Leute, das hat mich wirklich schockiert.“
„Dumm“ sind die Anhänger der Rechtsextremisten, hat ein JU'ler beim Besuch eines NPD-Parteitages festgestellt. „Einfache Leute, das hat mich wirklich schockiert.“ Seinem Tonfall ist die Verachtung anzuhören. Und Altermann tut das seine, diese Verachtung mit plumpen Parolen zu unterfüttern. Was hat er denn gegen Europa, beispielsweise? Reines „deutsches Bier“ möchte er trinken, und - igitt - diese Sojawurst. Und „unsere deutsche Hausfrau“ muß teuer für die Butter bezahlen, die dann „billig an
die Russen verscherbelt wird“. Die Stimmung im Saale spiegelt Genugtuung wider.
„Sie freuen sich über die Naivität der Antworten. Das wird nicht reichen“, warnt der Grüne Thomas Krämer-Badoni: „Mit der Attitüde - 'die sind dummm‘ - werden Sie die Anhänger nicht erreichen. Wer ist denn an der ausländerfeindlichen Stimmung beteiligt? Wer ist verantwortlich für
die Zwei-Drittel-Gesellschaft, fragt er die Veranstalter. Doch denen steht der Kopf nicht nach Reflexion, sie wollen Altermann vorführen.
Konkret und hartnäckig nachgefragt, schlichte Parolen auf den inhaltlichen Kern gebracht, hat an diesem Abend eigentlich nur einer: Der FDP-Vertreter Friedrich van Nispen: Was will denn die DVU, was will Herr Alter
mann mit den 4,6 Millionen in der Bundesrepublik lebenden Ausländern veranstalten? Nein, Herr Altermann hat natürlich nichts gegen Ausländer. Noch mal und noch mal nachgefragt. Bis es aus Altermann herausbricht: „Die Leute sollen nach Hause gehen, wenn sie keine Arbeit haben.“
„Ein dumpfempfundenes neues Deutschland“, hatte CDU -Vertreter Günter Klein in solchen
Parolen bereits zuvor ausgemacht. „Alte gefährliche Deutschtümelei, nationalistischen Chauvinismus. Das ist faschistoid.“ Einer der Jungen aus dem Zuschauerraum darauf: Faschismus, das habe es nur in Italien gegeben, Deutschtümelei stehe nicht im Duden, und ansonsten solle sich der Herr Klein gefälligst deutsch ausdrücken.
Holger Bruns-Kösters
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