Windsurfer verläßt das Standvermögen

■ Dem Berliner Windsurfer-Verein droht der Konkurs oder die Auflösung / Umweltsenatorin Schreyer trieb die Wassersportler ungewollt in den Ruin / Sportstaatssekretär Kuhn: „Illegale Pyramide“ des alten Senats ist eingestürzt

Konsequenten Umweltschutz wollte AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer an der Unterhavel praktizieren, nun steht sie kurz vor einem Scherbenhaufen: Der Berliner Wind-Surfing-Verein (WSeV) ist vom Konkurs bedroht, und das Senatskonzept für die Havelchaussee-Sperrung gerät ins Wanken. „Kurz vor dem Zusammenbruch“ stehe der Klub, klagte Vereinssprecher Peter Raatz gestern im parlamentarischen Sportausschuß. Entweder, so Raatz, der Verein löse sich auf oder er beantrage einen Konkursantrag. Auf Antrag der CDU debattierte der Ausschuß gestern über die Not der etwa 1.000 Wassersportler, die ihre Liegeplätze am „Großen Fenster“ haben, einem Uferabschnitt an der Unterhavel. Auf Geheiß der Umweltsenatorin sollen 300 Segler und 600 Surfer, wie berichtet, diesen Platz verlassen.

Recht und Gesetz hat Schreyer auf ihrer Seite: Hier, im Wasser- und Landschaftsschutzgebiet, haben Bootsliegeplätze oder ein Surferdomizil normalerweise nichts zu suchen. Doch nun muß der Verein 94.000 Mark aus eigener Tasche aufbringen, die er bereits - im Vertrauen auf Zusagen des alten Senats - für ein neues Surferdomizil am „Großen Fenster“ verbaut hatte. Weil der Verein diese Summe nicht aufbringen kann, müssen die Mitglieder des Vereinsvorstandes nun fürchten, daß sich die Firmen mit ihren Regreßansprüchen an sie wenden - eine Vereinsauflösung wäre der einzige Ausweg.

Eine „Ungeheuerlichkeit“ sei es, klagte gestern der CDU -Abgeordnete Preuß, daß Schreyer Mir nichts Dir nichts Zusagen des alten Senats widerrufen habe. Auch der SPD -Abgeordnete Gaudszun meinte, ein Verein müsse sich auf Zusagen der Regierung verlassen können, das sei „einhellige Meinung der SPD“. Umweltstaatssekretär Groth schob den schwarzen Peter zurück: Die Zusagen des alten Senats seien „eigentlich unhaltbar“ gewesen, der Verein habe „auf eigenes Risiko“ gebaut, da ihm wichtige Genehmigungen noch fehlten. Groth und AL-Staatssekretär Kuhn von der Sportverwaltung sagten den Surfern zwar Hilfe und einen Ersatzplatz nahe Schwanenwerder zu; die jetzt entstandenen Kosten könnten die Senatsverwaltungen gleichwohl nicht tragen, das sei rechtlich einfach nicht möglich. Kuhn versprach nur, die Senatszuschüsse zu verdoppeln, wenn für das Surferdomizil am neuen Standort alle Genehmigungen vorliegen - doch dieses Geld kommt für den WSeV womöglich zu spät.

Kuhn hofft nun auf das Durchhaltevermögen des Vereins. Andernfalls, das räumte der Staatssekretär gegenüber der taz ein, droht dem Senat ein „Desaster“. Löst sich der Verein auf, fehlt ein Träger für das auch vom neuen Senat gewünschte Surferdomizil; die 600 Surfer vom „Großen Fenster“ würden die Zahl der „Autodachsurfer“ noch vergrößern; ein wichtiger Baustein aus dem Senatskonzept für die Sperrung der Havelchaussee bräche weg. Kuhn wollte die Schuld gestern nicht nur bei der Umweltsenatorin sehen. Die „Pyramide aus illegalen Bestandteilen“, die nun zusammenzubrechen drohe, habe der alte Senat aufgerichtet. Nur mit „fragwürdigen bis rechtswidrigen“ Genehmigungen und Zusagen hätte er die Liegeplätze und das Domizil am „Großen Fenster“ sichern können. Da habe es für den Zusammenbruch der „Pyramide“ gereicht, daß Schreyer ein kleines Steinchen herauszog.

hmt