Osten reagiert positiv

■ Jedoch Kritik an dem Junktim mit VKSE-Ergebnissen

Wien (afp) - Der Warschauer Pakt hat am Dienstag in Wien positiv auf die Vorschläge des amerikanischen Präsidenten George Bush zur konventionellen Abrüstung reagiert, jedoch gleichzeitig dessen Erklärung zu den atomaren Kurzstreckenwaffen kritisiert. Gleichzeitig ergänzte er die Vorschläge des Ostens bei den Wiener Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE) bezüglich der Obergrenzen in den Kontaktzonen in Europa mit der Bekanntgabe der Obergrenze für Mitteleuropa, die in den bisherigen Vorschlägen des Warschauer Paktes noch gefehlt hatte.

Der Leiter der DDR-Delegation, Klaus Dieter Ernst, zeigte sich überrascht über die Bereitschaft der NATO, alle sechs konventionellen Waffenkategorien in die Verhandlungen einzubeziehen, wie es der Warschauer Pakt vorgeschlagen hatte, und nicht nur drei, wie es die NATO bisher verlangte. „Offen gesagt, sind wir nicht davon ausgegangen, daß eine Änderung so schnell kommen könnte,“ erklärte Ernst vor der Presse. Die NATO wollte bisher in die erste Verhandlungsphase lediglich Panzer, Artillerie und Infanterie-Kampffahrzeuge einbeziehen.

Sollten die Bush-Vorschläge in Wien auf den Konferenztische gelegt werden, sieht Ernst darin „einen ganz wesentlichen Schritt nach vorn und einen Schritt in die richtige Richtung.“ „Was wir bisher von den Vorschlägen wissen, klingt eigentlich recht gut,“ fügte er hinzu.

Hingegen kritisierte er die Verbindung, die Bush zwischen den Ergebnissen der Wiener Konferenz und der Aufnahme von Verhandlungen über atomare Kurzstreckenwaffen herstellte und meinte, das sei „keine gute Nachricht“. „Es ist nicht gut, eine Verhandlungsebene, die wichtig ist, zur Gefangenen einer anderen Verhandlung zu machen, die ebenfalls wichtig ist,“ meinte Ernst.

Die Außenminister des Warschauer Paktes haben sich bei ihrem Treffen in Ost-Berlin am 11. und 12. April für die Aufnahme von getrennten Verhandlungen über die atomaren Kurzstreckenwaffen „in naher Zukunft“ ausgesprochen.

Die Obergrenzen für die mitteleuropäische Kontaktzone, die im Osten die DDR, CSSR, Polen und Ungarn, im Westen die Bundesrepublik, Benelux und Dänemark umfassen soll, lauteten in dem Vorschlag wie folgt: 570.000 Soldaten, 420 Kampfflugzeuge, 800 Kampfhubschrauber, 8.700 Panzer, 7.600 Artilleriegeschütze und 14.500 Infanterie-Kampffahrzeuge. Es handelt sich für den Warschauer Pakt um rund die Hälfte der konventionellen Rüstung in dieser Zone Europas.