Corinto soll gleichgestellt werden

■ SPD und Grüne einig / FDP und CDU gegen Haushaltsmittel für nicaraguanischen Hafen

Mit einem gemeinsamen Antrag wollen die Fraktionen der SPD und der Grünen in der Juni-Sitzung der Bürgerschaft den nicaraguanischen Hafen Corinto nun auch offiziell als sechste Bremer Partnerstadt anerkennen. „Hierfür sollen mindestens ebensoviel Mittel bereitgestellt werden wie für die anderen Städtepartnerschaften“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag. Damit ist FDP-Fraktionschef Claus Jäger überhaupt nicht einverstanden. „Die Stadtbürgerschaft stellt fest, daß es sich bei der Rahmenvereinbarung zwischen Bremen und Corinto um keine offizielle Städtepartnerschaft handelt, wie sie Bremen mit Danzig, Rostock, Riga, Haifa und Dalian vereinbart hat“, heißt es in seinem Gegenantrag an die Bürgerschaft, Haushaltsmittel aus dem Topf für Städtepartnerschaften sollen deshalb für Corinto nicht verwendet werden.

Der Konflikt hat eine Vorgeschichte, in der zwei Artikel der taz eine wichtige Rolle spielen. Aus dem zweiten, erschienen am 15.4.89, erfuhren die Fraktions

vorsitzenden von FDP und CDU, daß Bürgermeister Klaus Wedemeier während seines Besuches in Nicaragua die neue Beziehung mit Corinto als „Städtepartnerschaft“ bezeichnet und Bremer Ausgaben von „mindestens 50.000 Mark pro Jahr“ dafür zugesichert hatte. „Zwischen diesen Aussagen und dem Inhalt des Gesprächs, das am 18.1.89 zwischen Ihnen, dem Präsidenten der Bremer Bürgerschaft und den Vorsitzenden aller Fraktionen der Bürgerschaft, stattgefunden hat, ergeben sich in mehrere Punkten völlig gegensätzliche Positionen“, schrieben daraufhin am 18. April in einem gemeinsamen Brief die Fraktionsvorsitzenden von FDP und CDU, Jäger und Metz, an Wedemeier.

Tatsächlich war am 18.1. im Kompromiß der Fraktionsvoritzenden von SPD, CDU, FDP und Grünen aus der damals geplanten „Partnerschaft“ mit Corinto noch einen Tag vor dem offiziellen Besuch des nicaraguanischen Botschafters eine „Freundschaft“ geringerer diplomatischer Bedeutung geworden. Als „kolonial

herrlichen Stil“ bezeichnete damals in der taz die Städtepartnerschafts-Initiative den „Affront, den sich der Senat gegenüber keinem europäischen Land leisten würde.“

Im gleichen taz-Artikel, erschienen am 28.1.89, wird auch der damalige grüne Fraktionsvoristzende Ralf Fücks zitiert. „Die jetzt geplante 'Vereinbarung‘ wird nichts bewirken“, kritisierte er den Fraktions-Kompromiß, statt einer normalen Städtepartnerschaft nur eine namenlose „Rahmenvereinbarung“ abzuschließen. Auf dieses Zitat nimmt knapp vier Monate später Bürgermeister Wedemeier bezug, als er den Fraktionschefs von FDP und CDU auf ihren gemeinsamen Vorwurf antwortet, er sei von dem Kompromiß „Städtefreundschaft ohne Haushaltsmittel“ in Nicaragua abgerückt.

„Die von Ihnen angesprochene Verständigung in umserem Gespräch am 18.1. war leider nicht von Dauer. Ihr damaliger Kollege, Ralf Fücks, rückte gegenüber der taz unmittelbar danach von den Gesprächsergebnissen

ab“, schreibt Wedemeier, „die erzielte Verständigung wurde danach von dem Vertreter der Grünen, und nicht von mir, aufgekündigt.“

„Nichtssagend“ findet FDP-Fraktionschef Jäger diese Antwort auf seinen Vorwurf, Corinto solle entgegen der gemeinsamen Vereinbarung nun doch zur echten Bremer Städtepartnerin werden. Er bleibt dabei, daß die kleine und arme nicaraguanische Hafenstadt „kein gleichwertiger Partner“ für Bremen ist. „Städtepartnerschaften sind nicht dazu da, Almosenfunktionen zu erfüllen“, hatte er schon im November vergangenen Jahres erklärt.

In dem taz-Artikel vom 15.4.89 hätte Jäger allerdings auch schon lesen können, daß ihm der ganze Etikettenstreit um haushaltsfinanzierte „Partnerschaft“ und mittellose „Freundschaft“ nichts nützen wird. Darin wird nämlich Bürgermeister Wedemeier mit dem Satz zitiert: „Wenn es in der Bürgerschaft zur Abstimmung kommen sollte, hab ich immer eine Mehrheit.“

Dirk Asendorpf