„Wir bei Eduscho brauchen Eure Solidarität“

■ DAG-Betriebsgruppenvorstand ruft zur Kundgebung vor dem Eduscho-Werkstor auf / Fall des bespitzelten Werkschützers geht in nächste Runde

4.000 Briefe hat der DAG-Betriebsgruppenvorstand von Eduscho inzwischen verschickt. Betriebsräte und Vertrauenskörper von Bremer Firmen, Gewerkschaften, politische Organisationen und interessierte BürgerInnen sind die Adressaten. Die Briefe sind ein Aufruf zur Solidaritätskundgebung am kommenden Dienstag vor dem Eduscho-Werkstor.

„Hand in Hand mit der Eduscho-Geschäftsleitung treibt die Mehrheit des Betriebsrates unseren DAG-Vetrauenskörperleiter und Betriebsratsmitglied Hermann Päper in den sozialen Bankrott,“ heißt es darin. Seit vergangenem Donnerstag weiß Hermann Päper, bisher als Werkschüzer unter der Leitung von Harry Piel an den Toren des kaffeeunternehmens tätig, daß seine Betriebsratskollegen ihre Meinung zu seiner fristlosen Kündigung geändert haben: Auf einer Betriebsversammlung hatten sie

am 24. Mai 1989 im Nachhinein seiner Kündigung zugestimmt, obwohl sie genau dies vor rund zehn Monaten verweigert hatten. Die Firmenleitung versuchte damals, sich beim Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung zu holen. Doch ohne Erfolg: „Die Gründe sind für eine Kündigung nicht ausreichend,“ befanden die Richter. Eduscho ging in die Berufung.

Am 28. Juli 1989 hätte jetzt das Landesarbeitsgericht über die umstrittene Kündigung des für Eduscho unbequemen Werkschützers entschieden. Doch bevor es dazu kommen und für weitere Verfahren in diesem Fall ein sog. „Prejudiz“ zustande kommen konnte, wurde das Gerichtsverfahren hinfällig: Dank der mehrheitlichen Zustimmung des Betriebsrates braucht der Arbeitgeber nun kein Gericht mehr einzuschalten.

Unabhängig davon sind jedoch noch einige andere Verfahren in

diesem Fall anhängig: ein Beschlußverfahren auf Unterlassung der Überwachung; die DAG hat es Ende April eingeleitet, weil ihr Vertrauenskörperleiter, der Werkschutzmann Hermann Päper, kurz nach dem erstinstanzlichen Gerichtsverfahren zu seiner Kündigung innerbetrieblich versetzt wurde und seitdem nur noch in Begleitung eines zweiten Werkschützers Dienst tun durfte: Weil das Vertrauensverhältnis zu ihm gestört ist, sagte die Firma. Um ihn - besonders in seiner Arbeit als Betriebsrat zu bespit

zeln, sagt die DAG, nachdem ein solcher „Beschützer“ seinen Bespitzelungsauftrag von Harry Piel eidesstattlich versichert hatte.

Gegen Peter Klar, einen der Eduscho-Geschäftsführer, hat die DAGbeim Generalstaatsanwalt Strafantrag gestellt.Weil er, so die DAG, ein fremdes Werkschutzunternehmen beauftragt habe, Hermann Päper daraufhin zu überwachen, welche Betriebsratstätigkeit er verrichtet und welche Verbindungen er zur DAG unterhält. Behinderung eines Betriebsrates kann nach § 119

Betriebsverfassungsgesetz mit Geld-oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.

Am Freitagmittag, nach dem Beschluß des Betriebsrats und dessen Bekanntgabe auf der Betriebsversammlung, drückte Harry Piel seinem Mitarbeiter Hermann Päper wortlos die fristlose Kündigung in die Hand. Schlüssel und Werksausweis mußte er abgeben. Gleichzeitig erfuhr: Da er die Kündigung quasi selbstverschuldet habe, wird ihm die per Arbeitsvertrag vorgesehene „Vetragsstrafe“ von einem

Monatslohn abgezogen.

Und in den Papieren, die Päper nun bei der Beantragung von Arbeitslosengeld vorlegen muß, steht ein entsprechender Vermerk über „Eigenverschulden“. Ob Päper jetzt vom Arbeitsamt Geld erhält oder auf 12 Wochen gesperrt bleibt, ist eine Ermessensfrage. „In die Sozialhilfe und den sozialen Bankrott lassen wir unseren Kollegen nicht rutschen,“ hat unterdessen die DAG bekundet und Hilfeleistung angekündigt.

Gegen die neuerliche Kündigung ohne neue Gründe geht die DAG erneut vors Arbeitsgericht. Antrag auf einstweilige Verfügung läuft.

Unabhängig davon will die DAG, so deren Bezirkssekretär gestern vor der Presse, weiter friedlich mit der Firmenleitung über den Fall verhandeln. Obwohl er inzwischen auf beiden Seiten „zur Chefsache“ erklärt wurde: DAG -Bundesvorstand Roland Issen und (davon zeugt sein historisch erstmaliges Auftreten vor den Mitarbeitern) Eduscho-Chef Schopf sind eingeschaltet. Gespräche „auf höchster Ebene“ waren verabredet, aus fadenscheinigen Gründen jedoch bis zum Dienstag gescheitert.

Gestern abend gab die Eduscho-Geschäftsführung noch bekannt, daß für sie „völlig unbegreiflich“ zu Aktionenn vor dem Werkstor aufgerufen werde - „letztendlich zum Nachteil der Eduscho-Mitarbeiter“. r