Bürger machen mobil

■ Gegen Tempo 100 auf der Avus gehen empörte Berliner am Wochenende auf die Straße / Die Verkehrsverwaltung findet, daß die BIs „kein Gegenpart“ sind

Die Bürgerinnen und Bürger Berlins bereiten eine große Offensive für die Tempofreiheit vor. Dazu gehen sie am Wochenende auf die Straße. Am Samstag soll eine „Große Berliner Protestfahrt“ bis direkt vor den Reichstag führen. Treffpunkt ist um 15 Uhr der Stauraum Dreilinden. Die Route geht über Avus, Messe- und Kaiserdamm, Bismarckstraße und Straße des 17. Juni bis zum Platz der Republik. Für 17.30 Uhr ist dann eine Kundgebung gegen „staatliche Gängelei und Bevormundung“ durch Tempobeschränkungen geplant. Bereits gestern veranstaltete die „Bürgerinitiative gegen Tempo 100 auf der Avus“ einen Informationsabend mit Vertretern der Berliner Motorklubs und den „Wortführern“ der „Spinnerbrücke“. 100.000 Aufkleber habe man drucken lassen, erläutert Thomas Seidel, Sprecher der Initiative. Es sei unglaublich, welches kreative Potential der Protest inzwischen freigesetzt habe: „Die Leute entwerfen ihre eigenen Protestplakate, machen Fotokopien. Eine solche Bewegung gab es schon lange nicht mehr in der Stadt.“ „Seit 5 Uhr morgens sind die Mitglieder der Bürgerinitiative heute auf den Beinen“, begeistert er sich. In der Frühe habe man bereits vor Siemens und BMW Unterschriften gesammelt. Die Listen füllten inzwischen bereits mehrere Aktenordner. Der Protest gegen Tempo 100 ist für ihn inzwischen zum Full-time -Job geworden. Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit will die BI auch ihr Image verbessern. Man bemühe sich wacker, „ungezügelten Aktionismus von einzelnen in vernünftige Bahnen zu lenken“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir sind keine Asphaltcowboys“, faßt Seidel zusammen. Man sei für Umweltschutz und gegen Raserei und habe auch nichts gegen Tempobeschränkungen, da wo sie sinnvoll seien. „Lieber Umweltschutz mit Köpfchen als beschränkt mit 100“, so der Slogan. Die Verkehrsverwaltung gab sich dagegen ziemlich beschränkt: „Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Gegenpart zu Bürgerinitiativen zu spielen“, wiederholt der Sprecher des Verkehrssenators, Bouwers, auf Anfrage beharrlich. Öffentlichkeitsarbeit zu Tempo 100 auf der Avus sei im Hause Wagner kein Thema. „Wir gehen doch nicht mit Handzetteln über die Straße“, sagt Wagners Sprecher leicht pikiert. Die Diskussion fände im parlamentarischen Raum statt, behauptet der Senatsvertreter, im Abgeordnetenhaus und den Ausschüssen.

-guth