Das Geständnis

■ Der Betriebsrat der Wackersdorf-Betreiberfirma DWK geißelt die WAA in La Hague

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Man muß es sich auf der Zunge zergehen lassen. Was der Betriebsratsvorsitzende Helmut Kumeht in seinem Brief an Bundeskanzler Kohl als Argumente für ein Festhalten an Wackersdorf ins Feld führt, ist aus mehrfacher Sicht brisant. Zehn Jahre lang hat die WAA-Betreiberfirma DWK jede Kritik an der Wiederaufarbeitung mit dem Hinweis auf die so prächtig funktionierenden Anlagen im Ausland abgeblockt. Jetzt haben die Dumpingpreise dieser ausländischen Anlagen das eigene Projekt der Wiederaufarbeitung auf den Müllhaufen der Geschichte befördert, und schon wird Tacheles geredet.

Zum ersten Mal wird zugegeben, was Atomgegner seit Jahren kritisieren: Die Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague und Sellafield sind meilenweit von den hierzulande geforderten Sicherheitsstandards entfernt. Die beiden Erweiterungsbauten UPIII (Usine Plutonium) in La Hague und THORP in Sellafield, an denen sich die bundesdeutschen Energiekonzerne beteiligen wollen, sind Anlagen, die, so der WAA-Experte Helmut Hirsch, „in der Bundesrepublik so niemals genehmigt werden könnten“. Sie sind nicht gegen Flugzeugabstürze und Erdbeben gesichert, radioaktive Abwässer werden in die Nordsee gepumpt, radioaktive Gase aus dem Kamin geblasen, die gesamte Genehmigungspraxis ist locker gestrickt.

Die WAA-GegnerInnen ziehen seit Anfang der 80er Jahre mit genau dieser Kritik und der langen Liste der Störfälle in diesen Anlagen von Podium zu Podium. Jetzt werden sie von der anderen Seite des Podiums bestätigt. Der offene Brief wirft zugleich ein Schlaglicht auf die bisher schon praktizierte Kooperation mit den Plutoniumsupermärkten in Frankreich und Großbritannien. La Hague und Sellafield sind ja schon seit Jahren Wiederaufarbeiter der bundesdeutschen Brennelemente. Glaubt man der Mängelliste des DWK -Betriebsrats, dann wird bundesdeutscher Atommüll in La Hague und Sellafield unter Bedingungen „entsorgt“, die dem Atomgesetz hohnsprechen. Das Atomgesetz verlangt ultimativ die „ordnungsmäße Beseitigung“ aller strahlenden Abfälle. Von In-die-Nordsee-kippen und Aus-dem-Schornstein-blasen ist nicht die Rede.

Das Cäsium der britischen WAA Sellafield kann heute in jedem gefangenen Fisch aus der Nordsee nachgewiesen werden. So kommt zumindest ein kleiner Teil der bundesdeutschen Brennelemente - per Iglo zarte Fischstäbchen - direkt in die Bundesrepublik zurück. In jedem Fall: Die Anti-AKW-Bewegung sollte es nicht versäumen, den DWK-Betriebsrat für die nächste Kundgebung einzuladen - als Hauptredner gegen europäische „Entsorgungsparks“.

Manfred Kriener