Horten läßt Streikende fotografieren

■ Konflikte vor lahmgelegtem Kaufhaus in Oldenburg / Arbeitskampf stärkt Basis

In Oldenburg blieb gestern das Kaufhaus Horten dicht. Sämtliche 235 MitarbeiterInnen, einschließlich Abteilungsleitern und MitarbeiterInnen des integrierten Edeka-Supermarktes streikten vor der Tür. Nur der siebenköpfige Notdienst hatte das Kaufhaus betreten.

Die Unternehmensleitung von Horten versuchte vergebens, aus Bremen und Bremerhaven Ersatzkräfte anzufordern. Die Stimmung vor dem ganztägig bestreikten Kaufhaus war zum Teil konfliktgeladen: Mit „das muß hier weg“ riss die Unternehmensleitung am Morgen Streik-Plakate von den Wänden. Außerdem haben nach Auskunft eines DAG-Sprechers die Arbeitgeber ihre streikenden Mitarbeiter fotografiert, wobei sie angeblich „nur die Plakate“ ablichten wollten.

Die DAG, bei der in Oldenburg die Horten-MitarbeiterInnen organisiert sind, zahlte noch am Nachmittag das Streikgeld aus. Dabei machte sie bei den rund 30

Unorganisierten keine Ausnahme. Die Umsatzeinbußen des Unternehmens liegen laut dpa-Angaben bei rund 120.000 Mark für diesen Tag.

Holger Grape, Unternehmensbetreuer des Horten -Gesamtbetriebsrats und Gewerkschaftssekretär des DAG -Bundesvorstands, berichtete von den Erfolgen dieses ersten Streiktages in Niedersachsen: Die Kundschaft reagierte durchaus positiv, bisher unorganisierte KollegInnen seien noch am Streiktag der Gewerkschaft beigetreten und auch der Demonstrationszug durch die Innenstadt zu Einzelhändlern und Häusern, die ebenfalls bestreikt werden sollen, sei auf durchweg positive Resonanz gestoßen.

Grape bestätigte aber auch, was sein HBV-Kollege Hartmut Thiel von der Streikvorbereitung in Bremen berichtete: Nach einem Rundschreiben des Einzelhandelsverbandes greifen die Unternehmer gezielt zu Verunsicherungsstrategien: Sie bieten in dem

Arbeitskampf eine auf drei Jahre festgeschriebene Gehaltserhöhung von 3,4 % an, HBV-Bundesvorsitzender Lorenz Schwegler nannte sie gestern in Bremen „Ablaßgroschen“. Dieses Arbeitgeber-Angebot in Bremen liegt darüber hinaus 0,2 % unter dem bundesweiten. „Bremer Abschlag?“ fragte Thiel und nannte eine weitere per Runschreiben empfohlene Unternehmer-Stratgie: Das Fotografieren und Filmen der Streikenden. „Über diese Praktiken informieren wir unsere organisierten KollegInnen laufend“ berichtet HBV -Bezirkssekretär Thiel von gegensteuernden Streikvorbereitungen.

Tägliche Mitgliederzuwächse hat auch er zu verzeichnen. Andere Gewerkschaften und Betriebsräte wollen den Streik in Bremen unterstützen. Noch bis heute Abend laufen die Urabstimmungen in Bremen. Eine Ausweitung in die Peripherie und nach Bremerhaven ist vorgesehen.

ra